Gelesen: Zeruya Shalev – Mann und Frau

Seit September heiß erwartet, kommt hier die Gastempfehlung von Julia:

Cover Mann und FrauEin Mann und eine Frau – Udi und Na’ama – sind seit Jahren verheiratet und haben eine kleine Tochter mit Namen Noga. Beide sind berufstätig, Udi als Reiseführer durch die Wüste, Na’ama als Angestellte bei einer Schwangerschaftsberatung für junge Mädchen. Beide leben ihr Leben, doch schon zu Beginn wird klar, daß keiner von beiden wirklich zufrieden ist. Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Udi, der Fremdenführer, der oft tagelang zu Fuß unterwegs ist, eines morgens kein Gefühl mehr in seinen Beinen hat. Die Ärzte können keine organischen Ursachen feststellen. Auch später nicht, nachdem ihn weiter „Krankheiten“ befallen haben. Eine Wunderheilerin, auf die beide schließlich ihre letzte Hoffnung setzen, offenbart auf ihre eigene Art und Weise die Abgründe der Ehe: Beide sind nur damit beschäftigt, sich dem anderen so wenig liebenswert wie möglich zu zeigen, sich gegenseitig zu zermürben. Na’ama kann nicht verwinden, daß durch Udis Schuld die eigene Tochter vor zehn Jahren einen schweren Unfall hatte, Udi selbst kann die quälenden Vorwürfe seiner Frau nicht mehr ertragen. Udi zieht schließlich aus, um sich bei der Wunderheilerin auf die Heilung seiner inneren Wunden zu konzentrieren, Na’ama versucht, ihren Kummer durch eine kurze Affäre zu betäuben. Am Ende bleibt die Hoffnung auf ein Happy-End eher verhalten…

Zeruya Shalev hatte schon mit ihrem Roman Liebesleben einen großen Erfolg zu verzeichnen. Weil mir das Buch so gefallen hat, habe ich mir einfach so, ohne Ahnung, was mich inhaltlich erwarten würde, das zweite Buch – Mann und Frau – gekauft. Schon allein deshalb, weil die Autorin einen für mich sehr fremden kulturellen Hintergrund hat (die Autorin lebt in Jerusalem), ist die Geschichte unheimlich interessant.

Aber das wirklich Verblüffende ist die Sprache, die so gehetzt und verzweifelt klingt, daß man selbst so dermaßen betroffen ist von der Situation zweier Menschen, die gefangen sind in ihren seelischen Abgründen. Nicht nur einmal hätte ich am liebsten das Buch gegen eine Wand geschmissen, weil ich die Streitereien der beiden nicht mehr ertragen habe. Wenn man mal eine Pause einlegt, ist mal selbst so ruhelos und aufgewühlt, daß man es nicht lange liegen lassen kann. Es ist kein fröhliches leichtes Buch, und am Anfang tut man sich mit den endlosen Sätzen ein wenig schwer. Wenn man es aus der Hand legt, ist man selbst tief traurig über das, was Menschen so alles passieren kann, man wird sich aber gleichzeitig wieder bewußt, wie empfindlich die menschliche Seele ist, und wieviel Schaden sie durch Lieblosigkeit erleiden kann. Und so steht am Ende des Buches für einen selbst und für die Figuren des Buches die Hoffnung, es selbst besser zu machen! Es war mit Abstand eines der besten Bücher, die ich gelesen habe, auch, wenn es sich von dem, was sonst lese vollkommen unterscheidet.

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