Zuerst das Große platzieren: methodisch vorgehen ist kinderleicht

Wer Gesellschaftsspiele mag, kennt vielleicht die analoge Tetris-Variante Ubongo, bei der aus Quadraten zusammengesetzte Plättchen in verschiedene Formen gelegt werden. Nun gibt es auch die 3D-Fassung davon. Ich bin fasziniert davon, wie auch Kinder mit diesem Spiel mit räumlichen Vorstellungsvermögen durch einen kurzen Hinweis methodisch vorgehen.

Brettspiele sind ja nun nicht unbedingt mein liebster Zeitvertreib. Doch unsere Kinder sind teilweise ganz wild darauf. Die jüngste zog schon von frühester Kindheit an selbst die größten Schachteln aus dem Schrank und spielte, vorzugsweise erklärt, notfalls auch frei Schnauze, vorzugsweise mit Spielpartner, aber auch sehr ausdauernd alleine.

Ein räumliches Legespiel

Deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass sie zum Geburtstag das Spiel Ubongo 3D geschenkt bekam und sich sofort darüber her machte. Die einzelnen Teile, aus denen auf einer jeweils unterschiedlich geformten Grundfläche zwei Lagen an Würfeln stehen sollen, ragen zumeist selbst bereits in drei Raumrichtungen. Jede Lege-Aufgabe gibt dann drei bis vier Teile vor, die passend zusammen gelegt eben genau die Grundfläche ausfüllen. Anders als in den Regeln vorgesehen spielen wir nicht auf Zeit, sondern auf Stapel, und machen nacheinander alle Aufgaben auf einer Karte.

Die Anordnung der Teile ist dabei gar nicht so einfach. Auch bei der niedrigsten Schwierigkeitsstufe – den grünen Karten – muss man schon richtig knobeln.

Sie ging mit großem Eifer an die Karten, und versuchte sehr kreativ verschiedene Möglichkeiten, die einzelnen Teile aneinander zu legen, und kam bisweilen auch zum Ergebnis. Ihr war auch mit ihren sieben Jahren sofort klar – Lego-Kind eben – dass alle drei Raumrichtungen entscheidend seien, und dass ein und dasselbe Teil unterschiedlich gedreht ganz anders aussieht.

So wollte sie bei dieser und jener Karte einen Tipp haben, wie sie denn zur Lösung käme.

Verständlich, doch sah ich bei ihr keine prinzipielle Notwendigkeit einzelner Hilfestellungen. Sie probierte ja durch und erkannte beim fertig gebauten Konstrukt, wenn das eben nicht auf die Grundfläche passte. Sie konnte also selbst entscheiden, ob sie die Spiel-Aufgabe bereits gelöst hatte oder nicht. Ausdauer bewies sie auch, denn nach dem Absolvieren einer Karte nahm sie sich sofort die nächste.

Das Große zuerst

Wie bei ganz vielen Tätigkeiten auch im Berufsleben – und genau deshalb lesen Sie diesen Beitrag hier – hängt es oft an einer kleinen methodischen Sache.

So nahm sie sich den ersten Stein, der ihr in die Hände fiel, und oft eben auch die einfacher geformten Teile. Wenn sie dann ein paar der kleineren Teile gesetzt hatte, passte natürlich das unförmigste, größte Teil nicht mehr darauf.

Such dir mal das größte und unförmigste Teil raus, und probiere nur mit diesem.

Das war im Prinzip mein Tipp an sie. Eben auch nicht gleich ein zweites Teil dazu nehmen, sondern erst einmal ausschließlich mit dem größten Teil beginnen. Diesen an eine Position halten und dann schauen, ob das überhaupt sein kann. Kann dann überhaupt noch eines der anderen Platz haben, oder steht dann etwa ein Würfelplatz einsam und alleine da? Ist dann nur noch Platz für ein Teil, das es so gar nicht gibt?

Da sie sich im Raum gut orientieren und bewegen kann, konnte sie diesen Tipp umsetzen. Nach ein paar Malen der Ermutigung, die anderen Steine wirklich zunächst gar nicht dazu zu nehmen, begann sie, das schwierigste Teil flott durch ganz verschiedene Positionen und Drehungen zu probieren, und gelangte immer schneller zu einer oder zwei möglichen Lösungen. Die anderen Teile dazu zu legen ging dann ganz schnell.

Es kam, wie es kommen musste: eine Stunde später bot sie mir an, mir bei meinen Karten weiter zu helfen, wenn ich langsamer war als sie.

Und warum? Wegen einem ganz alten methodischen Kniff: Fange mit den großen Dingen an.

Das passt auch zu dem „alten“ Gleichnis mit dem Glas und den Steinen, zu finden an ganz vielen Stellen im Netz, unter anderem dort. Das Gleichnis ist philosophisch gemeint, gilt aber genauso auch für technische Problemstellungen wie eben Ubongo.

Und bei was waren Sie schon einmal von Kindern überrascht?

Photo: www.joachimschlosser.de, License Creative Commons Attribution Share-Alike

Teilen & Verweilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert