Sie ertrinken in E-Mail? Sie haben zwar ein sinnvolles Ablagesystem für Ihre E-Mails, aber es hilft nichts? Dann sorgen Sie dafür, dass man Sie versteht. Klarer schreiben hilft.
Letzte Woche haben Sie gelesen, dass viel davon abhängt, wie viele und welche Empfänger Sie adressieren mit Ihren E-Mails.
Sie beschränken sich also selbst, und adressieren möglichst wenige Empfänger mit Ihren E-Mails. Jeder, der die Nachricht bekommt, muss sie auch bekommen. Das ist gut. Auf diese Weise haben Sie die Anzahl der möglichen Antworten bereits gut reduziert.
Aber Sie bekommen immer noch viele Antworten und Nachrichten nach Besprechungen, zu denen Sie beigetragen haben.
Inhalt als Grund für viele E-Mails
Warum? Warum kommen immer noch so viele Nachrichten an, bei denen Sie sich denken »Wieso fragt der das nochmal? Das habe ich doch schon geschrieben.«
Ja, Sie haben schon etwas zu dem Thema geschrieben. Und jetzt bekommen Sie eine Nachfrage dazu.
»Am anderen Ende sitzt immer ein Mensch.«
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Warum? Weil Sie der andere nicht verstanden hat. Oder weil sie sich in ihren Anliegen nicht gehört fühlt. So oder so: Etwas am Inhalt Ihrer E-Mail stimmt noch nicht.
Beispiele:
»Insgesamt stellt sich die Frage, wo wir mit unserer Organisation hin möchten, eher Richtung A oder Richtung B.« (Beispiel A)
»Wir sollten dem Kunden stets großen Respekt entgegenbringen. […] Wir müssen darauf achten, weniger Zeit mit E-Mail-Kommunikation verbringen.« (Beispiel B)
»Wir haben mehrere Problemstellungen. Einerseits brauchen wir eine Struktur für die Problemlösung, andererseits müssen wir inhaltlich Fortschritte machen. Die grundlegende Struktur ist aber noch zu klären.« (Beispiel C)
»Der Pitch-In-Process ist suboptimal compliant zu den Requirements der Key Stakeholder. Wir brauchen also im Steering Committee ein Agreement über die Values.« (Beispiel D)
»Wir haben zu wenig Bestellungseingang.« (Beispiel E)
Fünf Muster dysfunktionaler E-Mails
Folgende Muster können Sie als Ursachen identifizieren:
- Sie haben nicht verstanden, was der andere wollte, bevor Sie Ihre E-Mail geschrieben haben. (Beispiel C)
- Sie haben sich unverständlich ausgedrückt. Sie erklären irgendetwas in blumigen Worten, aber keiner kommt mit. (Beispiel D)
- Sie haben sich mehrdeutig ausgedrückt. Das, was Sie schreiben, kann auf zwei oder mehr Arten aufgefasst werden. Mehrdeutige oder zweideutige Ausdrucksweise führt zwangsläufig zu Nachfragen. (Beispiel B, C)
- Sie haben Fragen gestellt, obwohl Sie gar keine Antworten wollen. Wenn Sie die Empfänger etwas fragen in Ihrer E-Mail, dann müssen Sie damit rechnen, dass jemand eine Antwort auf die Frage schickt. (Beispiel A)
- Sie sagen nicht, was Sie eigentlich wollen. Wenn Sie nicht sagen, was Sie wollen, bekommen Sie es nicht. Entweder Sie bekommen überhaupt keine Reaktion, oder Sie bekommen nachfragen, was Sie genau möchten. (Beispiel D, E)
Es gibt bestimmt noch viele weitere Muster. Bei mir selbst und den Nachrichten, die ich bekomme, fallen mir hauptsächlich die obigen auf. Sie haben noch weitere Muster dysfunktionaler E-Mails? Nur her damit in den Kommentaren bitte!
Fünf Prinzipien klarer E-Mails
Hier geht es nicht primär um Etikette oder Netiquette. Hier geht es darum, wie Sie sich so verständlich machen, dass es ohne dauernde Nachfragen geht.
Wenn Sie keine Antwort auf eine Frage möchten, dann stellen Sie sie nicht. Auch, wenn Sie die Antwort nicht vertragen, dann stellen Sie die Frage nicht.
Prinzipien sind in der Kommunikation einfach formuliert und schwierig zu befolgen. Ich selbst bin weit davon entfernt, diese konsistent anzuwenden und fehlerfrei zu kommunizieren. Deshalb kann ich ja auch diesen Beitrag schreiben – weil ich ihn zu einem großen Teil für mich selbst schreibe.
Also, das sind die Prinzipien für klarere E-Mail-Kommunikation:
- »Am anderen Ende sitzt immer ein Mensch.« (Tweet this)
Kommunikation ist zwischen Menschen. Egal ob Vorstandsvorsitzender oder Praktikant – schreiben Sie Ihre E-Mails für Menschen, nicht Funktionen. - »Wenn man nicht sagt, was man will, kriegt man nichts.« (Tweet this) (Erkenntnis von Kind 2, 6 Jahre)
Ist eine Grundregel bei uns zu Hause. »Ich hab Durst« führt zu keiner Reaktion. »Schenkst du mir bitte etwas zu Trinken ein« schon. - »Wollen Sie keine Antwort, dann stellen Sie keine Frage.« (Tweet this)
Fordern Sie den anderen zu einer Reaktion auf, bekommen Sie unter Umständen eine solche. - »Können Sie einen Sachverhalt nicht einfach ausdrücken, brauchen Sie mehr Zeit zum Nachdenken und formulieren.« (Tweet this)
Lesen Sie Ihre E-Mail vor dem Absenden noch einmal und versetzen sich in die Lage des Lesers. Verstehen Sie, was Sie da geschrieben haben? Welche impliziten Annahmen stecken in Ihrem Text, die dem Leser vielleicht nicht bewusst sein können? - »Wertschätzen Sie die Beiträge anderer. Ein Dank hat noch keinem geschadet.« (Tweet this)
Viele Antworten werden geschrieben, weil sich jemand nicht gehört fühlt oder unbedingt auch noch seinen Senf dazugeben möchte. Erkennen Sie den Menschen am anderen Ende. Erkennen Sie seinen Beitrag. Wertschätzen Sie beides und der andere wird seine Hand an der Tastatur ruhig halten können.
Was jetzt?
Jetzt passiert das unvermeidliche: Sie und alle meine Kollegen werden mir ab sofort bei jeder E-Mail, die Sie von mir bekommen, aufs Brot schmieren, wenn ich die E-Mail-Regeln verletze. Das ist okay. Denn auf diese Weise lernen wir alle, über unser Schreiben nachzudenken. Das vermindert das Risiko von Missverständnissen, und letztendlich die Zahl der E-Mails, die wir schreiben und somit lesen müssen.
Welche E-Mail-Regeln sind Ihnen wichtig? Und mit was tun Sie sich besonders schwer?
Lassen Sie die anderen Leser ebenso wie mich bitte teilhaben an Ihren Gedanken und kommentieren Sie!
Photo: Joachim Schlosser, License Creative Commons Attribution Share-Alike
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