Na, wie sehen die Wahlplakate in Ihrer Umgebung aus? Gestern sahen wir ins die
Wahlplakate von CSU, SPD und Pro Augsburg in Augsburg-Göggingen an. Heute geht der fotografische Spaziergang weiter. Wahlplakaten ist derzeit nur schwer zu entkommen, auch in meinem Stadtteil nicht. Die Kommunalwahl 2014 ist sehr präsent. Wie aber sehen die Plakate aus? Wie wird da um das politische Amt geworben? Wer meint es wie ernst? Was taugen die Fotos? Wie sind sie aufgemacht? Wie gedruckt? Auch heute versuche ich wieder, partei- und personenneutral zu bleiben.
Das mache ich mit etwas Erfahrung in Fotografie, wie drüben auf Dr. Joachim Schlosser Fotografie zu sehen. Maße ich mir an, in jeder Situation ein besseres Porträt erschaffen zu können als die, die ich weiter unten verreiße? Nicht in jeder Situation, dieser Artikel dokumentiert mein Lernen am Beispiel.
Denken Sie daran. Diesen Sonntag ist Kommunalwahl.
Bitte gehen Sie wählen. Egal wie gut oder schlecht die Plakate sind.
Pro Augsburg
Pro Augsburg gibt es, wie der Name sagt, nur in Augsburg. Sie regieren derzeit mit und möchten das auch in Zukunft wieder.
Was mir im Vergleich zu allen anderen Parteien auffällt: Die Fotos sind durchwegs von hoher Qualität, sehr gut ausgeleuchtet, gut fotografiert, konsistenter und schöner Bildausschnitt und hervorragender Druck. Insgesamt bessere Fotos als auf deren eigenen Homepage und der professionellste Auftritt im Augsburger Kommunalwahlkampf.
Das gilt sowohl für den
Ein-Mann-Geburtenförderer Peter Grab als auch für seinen Kollegen
Holzapfel. Auch das Foto von
Guttenberg Dietrich ist wohl getroffen, nur warum müssen Politiker alle gleich aussehen?
Das zweifellos beste Foto im ganzen Wahlkampf liefert die Stadträtin ab, die ich mit am wenigsten ausstehen kann –
Beate Schabert-Zeidler. Hier stimmt alles. Pose. Gesichtsausdruck. Frisur. Brillenwinkel. Kleidung. Ausleuchtung (nicht zu weich, nicht zu hart). Bildausschnitt. Ein perfektes Foto.
Pro Augsburg präsentiert noch drei Dreigestirne mit Damen. Hier fällt beim linkesten Plakat auf, dass es sich um eine Montage handeln könnte. Die Kombination sieht etwas künstlich aus und außerdem schaut Peter Grab recht genervt drein, und das, obwohl er neben der bezaubernden
Anna Tabak und damit neben dem schärfsten steht, was der Augsburger Wahlkampf zu bieten hat (O-Ton Ehefrau).
Die beiden anderen Dreigestirne haben jeweils Beate Schabert-Zeidler in der Mitte. Amüsant zu sehen ist, dass sie offensichtlich die Gesellschaft der einen Gruppe mehr genießt als der anderen. Vielleicht ist sie auch nur vom denkbar unvorteilhaften und dem Foto völlig unangemessenen Pullover von
Rudolf Seinsch irritiert.
CSM
CSM gibt es auch nur in Augsburg. Das sind alles Ex-CSUler, denen die Situation im Stadtrat zu einfach und die Augsburg-CSU zu verworren war und sie deshalb einen Verein gegründet haben. Die Plakate sind alle in tief schwarzem Hintergrund gehalten, was ebenso traurig wie radikal aussieht und außerdem bei manchen Frisuren nicht vorteilhaft wirkt.
Claudia Eberle auf dem linken Plakat ist vielleicht der größte fotografische Totalausfall im ganzen Wahlkampf. Der Kopf zurückgezogen, so dass ein Doppelkinn erscheint, das Lächeln zwanghaft und das ganze dann noch von rechts hart überbelichtet. Ein Profifotograf wäre die bessere Wahl gewesen.
Die schlechte Belichtung zieht sich auch beim Plakat von
Georg Engelhardt fort, der aber eine natürlichere Haltung hat und offensichtlich ein wenig weiter vorne stand als Eberle und so nicht alles Blitzlicht so tragisch abbekam.
Frank Hilbich, der mich an den
jüngeren Jon Voight erinnert, hatte bei der Belichtung wieder nicht ganz so viel Glück.
Pia Lingner-Böld – und bitte lassen Sie nie Ihren 7-jährigen diesen Namen lesen – kommt nahe an den Totalausfall. Mit dem schwarzen Blazer hat sie quasi einen Tarnumhang. Das Lächeln ist unecht aufgesetzt und gequält (Augen beachten), und durch den schwarzen Hintergrund fehlen ihr optisch ein Großteil der Haare. So geht man fotografisch mit keiner Dame um.
Freie Wähler
Die Plakate der Freien Wähler greifen die Parteifarben sinnvoll auf, stechen jedoch durch unglaublich schlechten Fotodruck hervor. Die Fotos erscheinen kontrastarm, wie wenn als Farbe nicht schwarz, sondern grau gewählt worden wäre.
Speziell bei OB-Kandidat
Volker Schafitel finde ich es schade, dass der Druck diesmal so schlecht ist, und auch das Motiv strahlt lange nicht die Zuversicht und Tatkraft aus, die Schafitel noch ein seinem
Landtagsplakat vermittelte. Das Foto hat einen natürlichen Hintergrund, der den Gesamteindruck positiver macht.
Jasmin Kempter hatte wirklich Pech mit dem Fotografen. Während sie tatsächlich sehr ansehnlich ist, schaffte es das Foto, bei mir die Assoziation vom Bus überfahren zu wecken. Kein gutes Bewerbungsfoto, ein Profi hätte es besser hinbekommen.
Hans Wengenmeir ist insgesamt gut getroffen, leidet nur unter dem schlechten Druck.
Wolfgang Werner ist der einzige mit korrekter Fliege und gestreiftem Hemd, was ich für seine Person sehr stimmig finde, wurde vom Fotograf jedoch in einen schlechten Winkel gestellt. Das geht wahrscheinlich als biometrisches Passfoto durch, aber nicht als Wahlplakat.
Das Plakat von
Regina Stuber-Schneider habe ich zunächst für ein Plakat von Beate Schabert-Zeidler gehalten und mich gefragt, seit wann man für zwei Parteien antreten darf. Ich empfehle demnächst etwas mehr Sorgfalt beim Plakatieren. Das Foto selbst ist in Ordnung, nur beim Outfit hätte der Fotograf eingreifen sollen und entweder die Perlenkette, die Weste oder die Ohrringe entfernen bzw. austauschen lassen.
AfD
Auch in Augsburg gibt es diese neue Partei, aus Aufmerksamkeitsgründen haben sie sogar einen OB-Kandidaten aufgestellt. Mit der Orthographie hat es die AfD nicht besonders, denn wer
ins mit Deppenapostroph schreibt, zeigt nicht gerade sprachliche Souveränität.
Thomas Lis ist gut fotografiert. Guter Winkel direkt von vorne, Beleuchtung ausgewogen undramatisch. Keine Reflexe in der Brille. Für ihn authentische Kleidung, ein freundlicher Gesichtsausdruck. Einzig hätte ich den Beschnitt etwas anders gewählt und entweder oben die Haare ganz gelassen oder unten den Brustbereich etwas weiter gesetzt. So wirkt er doch arg zwischen den großen Schriften eingeklemmt.
Markus Bayerbach hat ebenfalls ein schönes Foto aufzuweisen, nur ist mir nicht klar, warum es so unglücklich ins Plakat eingebaut wurde. Der dunkelblaue Rahmen links und rechts sieht nicht gut aus, und auch hier wirkt der Kopfbeschnitt einengend.
Bei
Alexander Bolkart war mein erster Gedanke, ob er denn überhaupt schon das passive Wahlrecht hat, so jung erscheint er mir. Ein wenig auf seiner Facebookseite nachgesehen, stelle ich fest, dass der Mann 41 Jahre alt ist und vier Kinder hat, und auf anderen Fotos ganz seriös und seinem Alter angemessen aussieht. Was hat ihn oder die AfD also geritten, für das Plakat ein Foto zu wählen, auf dem er wie ein Schulbub anmutet?
Kommen wir zum absoluten Highlight. Der Bruder von Frank Zander und Florian Silbereisen tritt in Augsburg an und nennt sich
Marc Zander. Die Frisur geht gar nicht, der Gesichtsausdruck geht gar nicht, und die Pose ist eine Katastrophe. Ich kann nicht anders, als an Michael Kessler in der Satiresendung Switch denken, wie er
Florian Silbereisen imitiert. Bitte bewahrt Kandidaten vor solchen Plakaten.
sonstige
Tja, mittlerweile ist die FDP bei den sonstigen angekommen und liefert drei wahre Meisterwerke ab. Der Slogan »Liberale in den Stadtrat« klingt schon etwas verzweifelt, nachdem 2008 ein einziger Liberaler Stadtrat wurde, dieser aber dann die FDP verließ.
Wir beginnen mit dem Plakat von
Markus Arnold und
Toni Resch. Offensichtlich eine Montage, und eine unglückliche dazu. Die beiden weißen Hemden bilden eine Herzform, bei der ich mir nicht sicher bin, ob das im Sinne der FDP war. Die Kleidung der beiden passt nicht zueinander, und die Köpfe sind in unterschiedlichem Maßstab abgebildet, so dass Arnold gigantisch aussieht. Die Fotografien an sich finde ich sonst in Ordnung.
Guido Immler schaut wie auf eine Zitrone gebissen. Nimmt er das Ergebnis schon vorweg? Das Foto selbst ist schlecht freigestellt. Offensichtlich wurde vor weißem Hintergrund fotografiert und nachträglich der blaue FDP-Hintergrund eingefügt. Der Druck ist schlecht, so sieht Immer jedenfalls krank aus.
Wenn ich mir das Plakat von
Nikolai Rainov ansehe, so scheint ihm der Ernst der Lage ins Gesicht geschrieben. Die Lage für die FDP ist ernst, und er drückt es aus. Hier gibt es wahrlich nichts mehr zu lachen. Seriös bis in die politische Bedeutungslosigkeit, und damit ein krasser Gegensatz zu Marc Silbereisen von der AfD.
Die ÖDP zeigt, wie man gute Fotos mit dezenter und doch auffälliger Farbe aufs Plakat druckt.
Christian Pettinger liefert ein gutes, authentisches und freundliches Foto ab, das ihm gerecht wird. Die Themenplakate der ÖDP werden an den Laternenmasten in Göggingen immer durch die 5er-Türme von der CSM erdrückt, weisen jedoch ein klares, seriöses Layout auf und sind für mich sehr gefällig.
Und die Linke? Hat ein paar Plakate, die Fotos an sich sind nicht schlecht, nur die Hintergrundfarben von braun bis dunkelgrau machen sie schwer zu erkennen im Straßenbild, wie im Beispiel von
Otto Hutter. Auch finde ich es für eine Linke in Bayern mutig, ohne jeden Themen- oder Programmhinweis einfach nur Personen zu plakatieren.
Den stimmigsten Platz für ein Wahlplakat haben sich Dietz und Wengenmeir ausgesucht: vor dem wunderschönen Baum gegenüber unserer Straße. Gratulation für ein stimmiges Gesamtensemble.
Welche Plakate fielen Ihnen ins Auge?
Wie auch immer: Gehen Sie am Sonntag bitte wählen. Kommunalwahl ist die Wahl, bei der Sie direktesten Einfluss auf die Politik nehmen können und durch häufeln, streichen und so weiter Ihre Lieblingskandidaten am besten nach vorne bringen können. Nutzen Sie das.
Gehen Sie wählen.
Ich glaube fest, dass jeder Mensch ein wunderbares Porträt bekommen kann. Jeder Mensch, und damit auch jeder Politiker, kann optimal fotografiert werden.
Liebe Kandidaten, sucht euch bitte rechtzeitig vor der nächsten Wahl einen Fotografen, der euch vernünftig ablichtet. Falls nicht alle vom gleichen Fotografen abgelichtet werden, dann entwickelt bitte eine gemeinsame Bildsprache, an die sich alle halten können. So viele gute Fotografen in und um Augsburg, da muss sich bitte niemand auf seinem Wahlplakat blamieren. Plakate zu drucken kostet Geld, da sollte sich doch auch noch etwas Budget für die eigentlichen Fotos finden lassen. Selbiges gilt freilich für Firmenporträts, nur so am Rande erwähnt. Und wenn ihr dabei jemanden braucht, dann
meldet euch gerne, am besten
vor dem nächsten Wahlkampf.
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