Webcam für Video in Besprechungen

Video-Übertragung in Besprechungen als Frage der Prioritäten

Die Kamera einschalten: Video in einem Online-Gespräch macht einen Unterschied. Emotion, Reaktion auf Gesagtes kommt über Video besser als nur über die Stimme, egal ob in Skype, MS Teams, Zoom, Webex oder anderen Tools.

Ein Gespräch besteht nicht nur als Inhalt und Stimme, sondern auch dem, was wir in den Pausen transportieren, über Mimik, über Gestik, über Blicke.

Je schwieriger und je nicht-technischer das Gesprächsthema ist, desto mehr profitieren wir vom visuellen Kanal.

Webcam für Video in Besprechungen
Eine Webcam. Normalerweise sitzt diese auf dem oberen Bildschirm, aber fürs Foto sieht’s so besser aus.

Führen durch Beispiel

Wir alle führen. Nicht immer, nicht jederzeit, aber situativ immer wieder.

Führungskräfte führen qua Amt.

Somit haben wir Führungskräfte eine Vorbildfunktion auch in Sachen Video.

Wer nach sechs Monaten Corona-Zeit als Führungskraft oder Wissensarbeiter noch keine Webcam am Computer hat, setzt damit eine Botschaft ab an sein Team und Kollegen.

Wer erzählt, er würde ja schon lange aus der Ferne führen, und keine Webcam in Betrieb hat bei Gruppenbesprechungen, in denen es hauptsächlich um Führungsthemen geht, setzt eine Botschaft ab.

Konstruktivismus

Der Psychologe Paul Watzlawick schrieb in seinem Buch über den radikalen Konstruktivismus (Amazon): „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Alles, was wir tun, hat eine Wirkung, und erzählt etwas über uns selbst.

Wer erzählt, seine externe Webcam hätte gerade das Kind für eine Videokonferenz oder der Computer ginge schon seit Wochen nicht, der sendet eine Botschaft.

Die Botschaft ist „Dieses Gespräch, dieser Termin ist mir nicht wichtig genug für eine Kamera.“ Nicht wichtig genug, dass ich mich entsprechend vorbereite.

Und dann geht es über das Einzelgespräch, über die informelle Besprechung mit Kollegen hinaus, in größeren Rahmen. Größere, formellere Termine verlangen nach ein bisschen mehr Sorgfalt in der Wahl und Positionierung der Kamera. Die integrierte Webcam im Laptop blickt halt immer von unten herauf.

Besser ist eine externe Webcam, die es überall für zwanzig Euro gibt, und die dann halbwegs auf Augenhöhe platziert wird. Und noch nicht einmal das braucht es: Mit ein wenig Recherche und der passenden App lässt sich das Smartphone als Webcam nutzen.

Wer trotz stabilen Internets keine Webcam in Präsenzterminen verwendet, deren Thema eben nicht auf dem kurzen gemeinsamen durchchecken eines Bildschirminhalts basieren sondern auf der Botschaft des Gesagten, oder in nicht angemessener Qualität und Position, transportiert damit die Botschaft es sei ihm oder ihr nicht wichtig genug, die Technik sicher zu stellen.

Sollte das der Fall sein, dann wäre es fair, diesen Termin schlicht nicht wahrzunehmen, sondern abzusagen. Haben alle mehr davon.

Augenhöhe

Wir kommunizieren auf Augenhöhe. Tja, nur schade, wenn die einfachste gegenständliche Möglichkeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren, wegfällt, weil wir die Augen des anderen nicht sehen können.

Diese visuelle Augenhöhe ist noch kein Garant für eine vollständige Kommunikation auf Augenhöhe, doch sie ist ein guter Anfang.

Rein technologisch begebe ich mich dann eben auf Augenhöhe meines Gegenüber, und ein Teil der Video-Meeting-Checkliste vom letzten Mal zielt ja genau darauf ab, dafür zu sorgen, dass ich nicht von oben herab auf die Leute schaue.

Augenhöhe ist eben nicht nur eine Metapher, sondern hat seinen Ursprung im Zusammentreffen von Menschen, bei denen der eine etwa von seinem hohen Ross herabstieg, damit er dem anderen auf Augenhöhe begegnen konnte. Oder der Herrscher stieg vom Thron herab, oder bat den Untergebenen, sich vom Boden zu erheben. Alles Maßnahmen, damit sich zwei Menschen ziemlich horizontal auf einer Ebene in die Augen blicken können.

Diesen Kontext sollten wir bedenken. Das ist zutiefst verankerte soziale Geschichte der Menschheit.

Telefon als Episode

Sie glauben, ein Telefongespräch wäre ja nun eben die Norm, und somit seien die Internet-basierten Messenger-Dienste vornehmlich dazu da, sich in einer Art Telefongespräch zusammen zu schalten?

94/63/165/6 Glass negative, quarter plate, Eric Sheldon in his office, Thomas Lennon, Sydney, Australia, 12 November 1932.

Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts konnten sich Menschen dank des Telefons synchron unterhalten, ohne sich zu sehen. Gut einhundertzwanzig Jahre lang wurden wir bei diesen Ferngesprächen aller Sinne bis auf einen beraubt. Nun ist die Technologie so weit, dass wir den visuellen Sinn wieder nutzen können.

Menschen haben sich tausende von Jahren von Angesicht zu Angesicht unterhalten. Ganze Industriezweige leben oder lebten davon, dass sich Menschen persönlich treffen möchten. Warum sonst fliegt jemand für einen Geschäftstermin in einen anderen Kontinent?

Witzigerweise sind die Vielflieger bisweilen die gleichen, die eher keine Video-Gespräche führen. Warum das so ist, habe ich auch noch nicht heraus gefunden.

Das Telefon ist heute nur noch eine App auf dem Smartphone, auf dem Computer. Viele haben gar kein Telefongerät mehr auf dem Schreibtisch stehen.

Das Telefon ist eine Episode in unserer Kulturgeschichte, die langsam zu Ende geht. Internetbasierte Tools wie Skype, MS Teams, Zoom, Webex und viele andere zeigen, wohin die Reise geht.

Wenn’s kein Gespräch sein soll

Wenn es kein Gespräch sein soll, dann führen Sie keines. Schreiben Sie es auf. Schreiben Sie einen Brief, gerne auch einen elektronischen. Es muss oft keine synchrone Kommunikation sein, bei der alle Beteiligten zur gleichen Zeit am gleichen Kanal teilnehmen. Es darf auch asynchrone Kommunikation sein, bei der ein Sender zu einer ihr passenden Zeit die Nachricht verfasst, und die Leser zu den jeweils ihnen passenden Zeiten die Nachricht konsumieren.

Wenn es aber ein Gespräch sein soll, und die Gesprächspartner nicht direkt zusammen kommen können, dann gilt: Video bringt’s.

Video bringt’s

Schalte ich tatsächlich bei jedem Gespräch Video ein? Nein. Bei vielen, nicht bei allen. Bei weitem nicht.

Jedoch bei den meisten wöchentlichen Mitarbeitergesprächen. Bei sehr vielen Gesprächen mit Kunden. Bei fast allen Gesprächen, wo es um eine nicht trivial entscheidbare Entscheidung geht, wo man diskutieren muss. Bei allen, wo ich auf die Reaktion des Gegenüber angewiesen bin.

Das bedeutet freilich, dass bei mir im Verlauf eines Arbeitstages die Webcam und die Internetleitung glühen.

Ich möchte die Möglichkeit der reichhaltigeren Kommunikation nicht mehr missen, und freue mich, dass das ganz viele Kollegen in vielen Firmen auch so sehen.

Gemeinsam auf irgendwelche Folien zu schauen ist noch kein Gespräch auf Augenhöhe. Selbst wenn ein Foliensatz über Screen Sharing geteilt wird, ermöglicht das zusätzliche Videobild ein besseres Verständnis für die Gegenüber. Wer auch immer gerade spricht, kann besser sehen, wie die anderen auf das Gesagte reagieren.

Keine Ausreden

Keine Ausreden bitte. Kein „Meine Hausaufgaben hat der Hund gefressen.“ Mitmenschen sind sehr sensibel gegenüber Ausreden. Denn spätestens am dritten Tag, an dem die Webcam immer noch nicht geht, zieht der Defekt als Grund nicht mehr so gut. Im Englischen würde man sagen “Get your act together!” – „Reißen Sie sich zusammen!“

Sobald persönliche Dinge oder Personaldinge besprochen werden, halte ich Video für immens wichtig. Zu nuanciert ist Kommunikation, als dass wir leichtfertig auf den visuellen Kanal verzichten könnten.

Jede hat mal eine schlechte Internetverbindung zu Hause oder im Büro, aber auch wenn sie unterwegs ist, vor allem hierzulande. Das ist ein Hindernis für Video, jedoch kein Grund, es nicht zu versuchen.

Und trotzdem gilt es mit Augenmaß an die Sache heran zu gehen. Kann ich fordern, dass alle die Kamera anschalten? Nein, nicht unbedingt, wenn nicht alle im Büro sind. Torrey Trust hat für Online-Lernen zusammengeschrieben, wieso manche ein Problem mit der Kamera haben. So lange viele zu Hause arbeiten, lasse ich das vielleicht noch gelten, nicht jedoch für erfahrene Leute und auch nicht für Büro-Situationen.

Ich glaube an die Kraft des Vorbilds. Selber die Kamera einschalten, und das eher öfter. Mit Menschen über die Kamera sprechen hilft auch.

Wir schaffen das. Auf Augenhöhe.

Foto: www.joachimschlosser.de

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