»In der Besprechung nachher werde ich meine Präsentation geben.«
Haben Sie diesen Satz schon mal gesagt? Oder gehört? Herzlichen Glückwunsch, Sie sind einem Anglizismus verfallen, der leider im Deutschen vollkommen unklar lässt, was Sie eigentlich vorhaben.
Nicht nur auf Kongressen und Konferenzen, sondern auch im normalen Büroalltag sprechen wir viel über Präsentationen. Sei es eine interne Besprechung, oder eine für einen Termin mit Kunden oder Interessenten – oft sprechen wir von Präsentation.
Aber was meinen wir damit eigentlich? Und was haben wir vor?
Warum der Unterschied etwas ausmacht
Stellen Sie sich vor Sie wollten fürs Frühstück einkaufen. Sie besprechen sich mit Ihrem Lebenspartner, was sie gerne unter die Marmelade möchte, und sie sagt »Backwaren.« Nun sind Sie so schlau wie vorher. Das, was Sie kaufen, kann das richtige sein, oder auch nicht. Oder aber sie gibt zur Antwort etwas wie »Brötchen«, und nachher sitzen Sie beim Frühstück und merken, dass Sie lieber nur eine kleine Brotscheibe gehabt hätte, das aber eben »Brötchen« nennt.
Hilfreich? Nicht.
Lassen Sie uns die Dinge so nennen, dass wir unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich nennen, wenn wir unterschiedliche Ziele erreichen wollen.
Was mache ich denn nun? Rede, Vortrag, Referat oder Präsentation?
All diese Begriffe hören Sie oft synonym, ein Kollege spricht von einer Rede, meint aber vielleicht ein Referat, oder er spricht von einer Präsentation und meint aber einen Vortrag.
Es ist ganz einfach:
Rede
Sie sprechen vor einer Zuhörerschaft oder einem Publikum. Mündlich. Und nur das. Wikipedia meint (1) eine Rede sei »in der Regel im Voraus überlegt«, und das empfehle ich Ihnen ebenfalls.
Oft haben Sie sich die Gedanken Ihrer Rede selbst ausgedacht. Eine Rede möchte in erster Linie Zuhörer anregen und mitreißen, um zu überzeugen (6).
Die Länge einer Rede kann alles sein, von drei Minuten bis eineinhalb Stunden. Optimal sind 18 Minuten oder weniger, weswegen auch alle TED-Talks 18 Minuten oder kürzer sind.
Beispiel einer Rede:
»I Have A Dream« von Dr. Martin Luther King, Jr.
Vortrag
Im Gegensatz zur Rede liegt der Fokus des Vortrags auf der Vermittlung von Wissen, von Information. Ein guter Vortrag möchte die Zuhörer ebenfalls anregen und bestenfalls mitreißen.
Bei Fachkonferenzen oder akademischen Konferenzen werden in der Regel Vorträge gehalten, meist zwischen 20 und 45 Minuten. Das wiederum impliziert, dass der Vortragende ein Experte auf seinem Gebiet ist und die Zuhörer für sein Thema interessieren oder begeistern möchte (5).
Ein Vortrag ist oft mit Medien unterlegt, also etwa mit Bildern, Text und Videos an der Wand, kurz: mit einer Präsentation.
Der Vortrag ist das, was die meisten Leute meinen, wenn sie Präsentation sagen.
Beispiel eines Vortrags:
Effizient Lernen – Lehren mit MATLAB, Joachim Schlosser auf der MATLAB Expo Deutschland
Referat
Referate kennen wir aus der Schule: Wir geben etwas mündlich in hoffentlich strukturierter Form vor der Klasse wieder, was der Lehrer schon weiß.
Das Referat ist nahe am Vortrag, wird jedoch meist als reine Informationsvermittlung aufgefasst (7). Das heisst hier versuchen Sie nicht, zu überzeugen, hier möchten Sie keine Aktion auslösen, hier wird nur Information von Person A auf Person B übertragen.
Beispiel eines Referats:
Werdet wie die Kinder – Natürliche Projektplanung nach GTD, Joachim Schlosser, Toastmaster Redeprojekt Nr. 9.
Präsentation
Wenn das hier ein Test Ihrer Fähigkeiten der Mustererkennung wäre, hätten Sie nun das nicht passende Teil unter den vieren gefunden. Präsentation ist keine Form des Vortrags oder der Rede.
Präsentation in diesem Kontext ist das Material, mit dem Sie vortragen. Die Folien, die PowerPoint- oder Keynote-Datei, die Videos. Das ist die Präsentation. Das, was Sie an die Wand werfen.
Die meisten Menschen, die von Präsentation reden, meinen bei der Ausführung eben meist nicht die Präsentation, sondern einen Vortrag. Die Ungenauigkeit kommt daher, weil im Englischen »presentation« tatsächlich den Vortrag meint (4). In internationalen Firmen ist daher diese Ungenauigkeit deutlich öfter zu beobachten als in deutschen Firmen.
Leider haben diese Menschen insofern recht wenn sie sagen »Ich bau mal schnell meine Präsentation«, weil sie genau das tun: Sie stricken ein Material, überlegen sich aber nicht, was sie sagen wollen. Entwerfen also nicht den Vortrag oder die Rede.
Für diesen Entwurf verwende ich ja zwei MindMaps, die mir immer weiter helfen.
Beispiel einer Präsentation:
Getting Things Done with Outlook and iPhone, Joachim Schlosser auf Slideshare
Und nun?
Überlegen Sie sich, was Sie vorhaben. Was Sie erreichen möchten. Und dann wählen Sie die Redeform, die dies am besten erreichen kann. Und oft wird das eine Rede oder ein Vortrag ohne Folien sein.
Welche Form von Rede, Vortrag, Referat und Präsentation verwenden Sie denn oft? Wo stimmen Sie mir zu? Und was sehen Sie anders?
Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare!
Quellen
- Wikipedia Rede
- Wikipedia Vortrag
- Wikipedia Referat
- Wikipedia Presentation
- Vortrag. In Universität Duisburg-Essen: Einladung zur Literaturwissenschaft
- Rede. In Universität Duisburg-Essen: Einladung zur Literaturwissenschaft
- Referat. In Universität Duisburg-Essen: Einladung zur Literaturwissenschaft
Photo: Joachim Schlosser, License Creative Commons Attribution Share-Alike
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