Wieviel Zeug steht bei dir zu Hause herum? Wieviele Mitgliedschaften hast du, die du nicht nutzt? Wieviele Zeitschriften? Wieviele elektrische und elektronische „Helfer“? Und hat alles seinen Stellplatz?
Im Laufe eines Lebens, ach was sage ich, eines Jahres häuft sich so einiges an. Egal, ob du eine Wohnung oder ein Haus hast – Es wird alles immer voller, wenn du nicht aktiv etwas dagegen unternimmst. Eine voller werdende Wohnung ist das eine, ein abnehmender Kontostand das andere.
Wann hast du dich mit deinem Partner zum letzten Mal über irgend eine anstehende Anschaffung in die Wolle gekriegt? Und wann habt ihr das letzte Mal über irgend einen Gegenstand in der Wohnung diskutiert, der scheinbar nirgendwo richtig Platz hat?
Wir kaufen Dinge, weil wir es können. Versteh mich bitte richtig – natürlich ist das ein Luxusproblem und es gibt all zu viele Menschen, die sich eben nicht einfach etwas kaufen können. Und dazwischen allerlei Schattierungen von Menschen, die permanent über Geldmangel klagen, sich aber ständig neues Zeug kaufen.
Bei uns zu Hause gibt es einen ganz einfache und doch sehr erhellende Frage, wenn meine Frau oder ich etwas kaufen möchten, was über den täglichen Bedarf hinaus geht:
„Können Sie einen Stellplatz dafür nachweisen?“
„Können Sie einen Stellplatz dafür nachweisen?“
Dies twittern
Die Frage stammt aus dem Haus- bzw. Wohnungsbau. In den meisten Städten und Gemeinden muss für einen Neubau auch ein PKW-Stellplatz geplant werden, und diese Planung ist nachzuweisen. Das ist auch gut so, denn sonst steht die ganze Siedlung wild zugeparkt da. Weil zu wenig Stellplätze vorhanden sind, oder andersherum betrachtet zu viele Autos. Das erste Mal im Blog darüber lesen konntest du vor einigen Wochen.
Das Konzept jedoch ist bestechend einfach und unglaublich wirksam: Wer etwas kaufen will, muss auch sagen können, wo die Anschaffung ihren Platz finden soll. Denn selbst wenn ich mir etwas leisten kann – liegt es danach immer im Weg herum, wird langfristig nicht wirklich Freude daran aufkommen. Muss ich etwas permanent auf die Seite räumen, dann wird auch ein nützlicher Gegenstand zur Last.
Klar, das ist keine feste Regel bei uns, sondern eine Richtschnur, die hilft. Und dabei sich selbst nicht ganz so ernst nimmt. Denn wenn Die Frau und ich uns über eine Anschaffung nicht ganz einig sind und der eine fragt: „Können Sie dafür einen Stellplatz nachweisen?“, dann ist das ganze schon viel entspannter und pragmatischer. Denn diese Diskussion erlaubt auch, darüber nachzudenken, welcher andere Gegenstand denn im Gegenzug das Haus verlassen sollte. Das dient dann auch der Vereinfachung.
Eine ganz ähnliche Frage hatten wir damals in unserer Abteilung bei BMW: Wer einen externen Dienstleister für ein Projekt einkaufen wollte, durfte das nur tun, wenn er einen Schreibtisch für diesen nachweisen konnte. Also quasi einen Stellplatz. Das hat als natürliches Regularium noch besser funktioniert als ein finanzielles Budget.
Stellplatz – nicht nur räumlich
Das ganze funktioniert nicht nur für gegenständliche Anschaffungen, sondern auch für zeitliche Anschaffungen. Nutze ich ein kulturelles Abonnement oder eine Mitgliedschaft in einem Sportverein / Fitnessstudio gar nicht, weil der Tag schon so voll ist, dann habe ich zeitlich gesehen dafür keinen Stellplatz vorgesehen. Oder ich muss eben einen Stellplatz dafür frei räumen, eine andere Aktivität zurückfahren oder ganz sein lassen.
Ich bin kein Minimalist, noch kein durchgängiger Essentialist. Ich habe zwar Stellplätze für die meisten Ordner entfernt, doch herrscht bei mir noch genügend Unordnung. Ich habe die KonMarie-Methode noch nicht gelesen, aber mir hilft dieses einfache Prinzip.
Im einzelnen hilft die Stellplatz-Diskussion unter anderem bei den folgenden Kategorien:
Elektronik, Gadgets
Macht dieses neue Gerät mein Leben tatsächlich besser? Werde ich das Fitness-Armband in 6 Monaten noch wiederfinden? Wo bewahre ich es auf, wenn ich es nicht benutze? Kann ich für das tolle Foto-Gadget einen Platz in der Schublade erübrigen?
Welches andere Gadget soll dafür seinen Stellplatz hergeben? Und wie oft und mit wieviel Freude habe ich dieses verwendet?
Kleidung, Schuhe
„Es war ja reduziert.“ Das mag sein, doch es braucht den vollen Stellplatz. Und Geld halbes dennoch gekostet, das schicke Teil. Ziehen die neuen Schuhe als Folge eine weitere Anschaffung nach sich, nämlich einen größeren Schuhschrank? Oder gar einen weiteren oder größeren Kleiderschrank? Oder ich muss die Sachen enger pressen, was auch nicht schön ist, weil dann alles schwerer raus und rein geht oder gar Schaden nimmt.
So kann ein vermeintlich günstig erstandenes Kleidungsstück in Wahrheit sehr teuer erkauft sein. Lieber vorher überlegen: „Kann ich dafür einen Stellplatz nachweisen?“
Alternativ muss ich mir überlegen, welches andere Teil dafür geht. „Es war ja reduziert“ ist eine Ausrede und Selbsttäuschung für Dinge, die man eigentlich nicht hätte kaufen sollen.
Bücher
Ich liebe Bücher. Bei nichts anderem kann ich derart leicht zugreifen. Doch Vorsicht: Bücher brauchen ja nicht nur einen Stellplatz, sondern erfordern auch Zeit, wenn ich sie tatsächlich lesen möchte. Bücher sind insofern auch ein Problem, weil ich sie so schwer hergeben kann. Das könnten ja alles die Kinder lesen, wenn sie größer sind. Ich fand das als Kind immer praktisch, mich am Bücherregal der Eltern bedienen zu können, wenngleich ich zugeben muss, dass ich trotzdem nur einen kleinen Teil gelesen habe.
Fest steht: Ich kann natürlich neue Bücherregale unterbringen, aber dennoch ist der Platz für Bücher endlich. Kann ich also für ein neues Buch einen Stellplatz nachweisen? Und ganz ehrlich sage ich hier meistens: Ja, geht schon.
Möbel
Wie wäre es hier noch mit einem Schrank, und da noch ein Regal? Wir brauchen schließlich Stauraum. Sieht das Kästchen nicht wunderbar aus? Das mag sein, doch auch hier gilt: Der Platz in der Wohnung ist begrenzt. Je mehr herumsteht, desto weniger Raum haben Gedanken. Möbel wollen abgestaubt werden und aufgeräumt. Schöne Möbel wollen dazu noch gepflegt werden, und der Raum innerhalb des Möbels zieht noch mehr Dinge magisch an.
Möbel können Folgeanschaffungen von dem sein, was du bereits gekauft hast, oder Möbel können Anschaffungsverursacher sein, weil ja nun Platz da ist.
Küchengeräte, elektrische Geräte
Wieviel Arbeitsfläche hast du in der Küche? Und wieviel von dieser Arbeitsfläche ist tatsächlich als Arbeitsfläche frei nutzbar? Was steht herum? Und was von diesen Dingen benutzt du kaum? Das sind genau die Dinge, für die du keinen Stellplatz nachweisen kannst.
Die meisten elektrischen Geräte, die man für Küche und Haushalt erwerben kann, benötigen hauptsächlich Stellplatz, ohne einen großen Nutzwert zu bieten. Ich habe vor Jahren ein Waffeleisen geschenkt bekommen. Zweifellos eine nette Geste, nur muss ich jetzt einen Stellplatz dafür nachweisen, ohne, dass wir das Ding tatsächlich oft nutzen.
Auch bei elektrischen Geräten und Küchenutensilien hilft die Frage: „Können Sie einen Stellplatz dafür nachweisen?“ Scheinbar clevere Unitasker sind nur auf den ersten Blick clever. Auf den zweiten nutzt man sie doch kaum, und sie verbrauchen Platz.
Konsum-Mitgliedschaften
Ob Netflix oder Spotify – Will ich dafür einen zeitlichen Stellplatz nachweisen? Klar, auf Netflix finde ich immer etwas zu gucken, aber will ich das auch? Oder nimmt mir Netflix Zeit weg, die ich eigentlich besser für etwas anderes verwende, seien es meine Kinder oder kreative Projekte. Ist Netflix da, schwirrt doch irgendwo in meinem geizigen Hinterkopf herum, dass ich den Zehner pro Monat ja irgendwie rausschauen muss.
Gerade die Zeit ist ein begrenzter Stellplatz. Wir können jede Stunde nur ein einziges Mal belegen.
Vorher nachdenken, oder nachher beheben
Frage dich also vor dem nächsten Gadget-Kauf oder Schuhkauf:
„Können Sie einen Stellplatz dafür nachweisen?“
Diesen Satz twittern
Und wenn das Abo oder das Ding nun mal schon im Haus sind – das wird man wieder los. Abmelden bei Abos, verkaufen oder verschenken von Gegenständen. Vieles, was im vergangenen Jahr unser Haus verließ, ging für kein oder nur wenig Geld raus. Weil ich mich hauptsächlich freue, wenn ein funktionsfähiger Gegenstand noch von jemand anders benutzt wird, anstatt Zivilisationsmüll zu werden. Ein geringes Verkaufsentgelt für die Dinge, die ich meist auf eBay Kleinanzeigen verscheppere, ist mehr als Beweis der Ernsthaftigkeit des Käufers zu sehen. Bevor aber etwas überflüssiges im Hause bleibt, verschenken wir es.
Ich bin weit davon entfernt, ein Minimalist zu sein. Doch mit zunehmendem Alter (herrje!) wird mir gewahr, dass man nicht nur Dinge besitzt, sondern die Dinge auch einen selbst. Die größte Beeinträchtigung, die ein Ding auf mich haben kann, ist, keinen eigenen Platz zu haben, sondern immer irgendwo rumzustehen, ohne dass ich weiß wohin damit.
Luftig bleiben
Und wie siehst Du das? Was ist deine Hauptfrage vor einer Anschaffung?
Lasse die anderen Leser ebenso wie mich teilhaben an Deinen Gedanken und kommentiere!
Photo: Joachim Schlosser, License Creative Commons Attribution Share-Alike
Schreiben Sie einen Kommentar