So schnell schreiben wie vier Hände

Schneller schreiben mit Text­bau­steinen und automatischer Text­ersetzung

Sehr geehrter Herr,
sehr geehrte Frau,
schön, dass Ihnen das Buch weiterhilft.

Herzliche Grüße
Joachim Schlosser

Wir alle schreiben jeden Tag oft dasselbe. Wieder und wieder.

Vielleicht können Sie schnell tippen. Vielleicht verbringen Ihre Finger aber auch viel Zeit damit, immer dieselben Wörter auf der Tastatur zu finden.

Den Namen Ihrer Firma. Ihren Namen. Produktnamen. Begrüßungsfloskeln. Fragesätze, die Sie immer wieder brauchen.

Obwohl ich relativ schnell und sicher mit 8-10 Fingern tippe, wollte ich irgendwann nicht mehr ständig dieselben Floskeln in den Computer hacken.

Alles, was Sie tippen, ist ein Programm

Gottseidank sitzen wir ja vor dem Computer. Am Computer ist alles, was Sie tippen, ein kleines Programm, ein Ablauf.

Wenn Sie die Taste »a« drücken, dann heisst das noch nicht, dass der Buchstabe irgendwo hingeschrieben wird, obwohl das oft der Endeffekt ist.

Der Computer bemerkt, dass Sie eine Taste gedrückt haben. Er hält kurz inne mit dem, was er gerade tut, und prüft, welche Taste Sie gedrückt haben. Ahja: die a-Taste, sonst keine. Fragt sich, ob a irgendeine Betriebssystem-Aktion auslösen muss. Scheint nicht der Fall zu sein. Dann fragt das Betriebssystem herum: Hat irgendjemand einen Tastendruck auf a abonniert? Nein? Dann geben wir mal an das gerade aktive Programm weiter, dass ein a gedrückt wurde. Wenn dieses gerade aktive Programm eines ist, in dem Sie Texte eingeben können, dann nimmt dieses Programm den Tastendruck auf a entgegen. Es prüft dann, ob Sie vielleicht eben ein Menü offen haben und das a ein Kürzel eines der Menübefehle ist. Falls nicht, erst dann wird das Programm das a tatsächlich auf den Bildschirm schreiben.

Toll, was Ihr Computer so alles mit einem einzigen Tastendruck macht, oder?

Das ist nicht mehr wie früher an der Schreibmaschine, als Sie auf die Taste a eindroschen und daraufhin der Arm mit dem kleinen metallenen a nach vorne aufs Papier klappte. Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch. Ich kann das Geräusch der rein mechanischen Schreibmaschine noch hören, auf der ich als Kind mit Freude noch eindrosch, und bei der sich die Typköpfe verhakten, wenn man zu schnell oder gleichzeitig zwei Tasten drückte. Doch auch das sonore Piepen der elektrischen Schreibmaschine habe ich noch im Ohr. Doch zurück zum Thema.

Alles, was Sie tippen, ist ein Programm.

Und da kommt die automatische Textersetzung ins Spiel.

Ein Programm für die Tastatur

Um Ihre armen Finger vor der Arbeit mit immer denselben Wörtern zu verschonen, können Sie ein Programm verwenden, dass etwa aus einem getippten Buchstabensalat mfg den Text Mit freundlichen Grüßen macht.

Ein Textersetzungsprogramm, das sich in die oben beschriebene Kommandokette einklinkt. An der Stelle, an der das Betriebssystem fragt, ob irgendjemand den Tastendruck haben möchte, schreit das Textersetzungsprogramm hier!. Immer.

Dann prüft es, ob in den vergangenen paar Tastendrücken ein gespeichertes Kürzel enthalten war. Wenn dem so ist, dann schickt es den ausgeschriebenen Text als simulierte Tastendrücke zurück ans Betriebssystem und damit an das Programm, in dem Sie gerade tippen.

Das, was Sie schreiben kann nun deutlich mehr sein als das, was Sie tippen.

Welches Programm?

Überzeugt? Dann probieren Sie das doch aus. Ich nutze Textersetzung unter Mac OS X, unter Windows und auf iPhone/iPad. Bislang sind die Kurzbefehle zwischen diesen Programmen noch nicht synchronisiert, weil ich auf verschiedenen Systemen die Vorteile verschiedener Programme schätzen gelernt habe.

MacOS

Meine Wahl derzeit: aText. Ein mächtiges Programm, das Texte ersetzt, gerne auch mit Formatierung und Abfragen, und auch sonst bei der Automatisierung hilft. Gibt’s auch für Windows.

Alternativen, die ähnliches können:

  • Typinator.
  • PhraseExpress (kann auch Windows)
  • TextExpander (ist mir zu teuer)

Windows

Meine Wahl derzeit: PhraseExpress. PhraseExpress kann Texte ersetzen in allen Variationen. Offenlegung: Meine Version von PhraseExpress wird mir von meinem Arbeitgeber gestellt.

Alternativen, die ansonsten ähnliches können:

  • aText. Einfach. Gut.
  • AutoHotkey – habe ich vorher benutzt. Sehr mächtig, kostenlos, nicht ganz einfach.Das wird wahrscheinlich nicht Ihre Wahl sein, denn die Konfiguration erfolgt über eine unansehnliche Textdatei mit sonderbaren Befehlsfolgen und Zeichen. Das zaubert mir als Informatiker freilich ein Lächeln aufs Gesicht, doch verstehe ich, wenn Sie diese Freude über programmierartige Konfiguration nicht teilen. AutoHotkey ist eine OpenSource-Software, und wie viele OpenSource-Programme aus dem Linux/Desktop-Umfeld hatte die Benutzerfreundlichkeit vielleicht nicht ganz so im Fokus bei der Entwicklung gestanden.
  • Breevy. Funktioniert anstandslos, kann die grundsätzlichen Dinge. Halte ich für eine relativ schlanke Anwendung, die genau das tut, was sie soll.

Linux

Linux habe ich derzeit nur auf dem Raspberry Pi im Einsatz, und dort brauche ich keine Textersetzung. Wenn Sie mit Linux arbeiten, dann sehen Sie sich mal AutoKey an.

iOS/iPhone/iPad/Android

iOS Kurzbefehle


Hier benutze ich Bordmittel. iOS bringt bereits eine einfache Textersetzung mit, die meine Zwecke erfüllt. Da ich längere Texte nicht auf iPad und iPhone tippe, macht es nichts, dass ich nicht alle meine Kürzel dabei habe bzw. hier nochmal konfigurieren müsste.

Alternativen:

  • TextExpander Custom Keyboard für iPad/iPhone – Synchronisiert die Konfiguration mit dem gleichnamigen MacOS-Programm. Habe ich probiert: Gesehen, gelacht, gelöscht.

Sicherheitsbedenken

Wie bei jedem Programm gilt: Installieren Sie nicht alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Textersetzungsprogramme führen Ihnen vor Augen, das jedes Programm, das läuft, sich potentiell zwischen Tastatur und Anzeige hängen kann, und damit auch alle Ihre Tastendrücke potentiell aufzeichnen kann. Und irgendwohin verschicken.

Dieser Gedanke liegt bei Textersetzungsprogrammen besonders nahe, weil zumindest das zuhören deren Grundfunktion ist. Das gilt aber für alle Programme, die Sie auf Ihrem Computer laufen lassen.

Wenn Sie einer Software nicht vertrauen, dann benutzen Sie sie nicht. Es ist völlig in Ordnung, ein Stück Produktivität den Sicherheitsbedenken unterzuordnen. Auf der anderen Seite ist freilich jedes Programm, das Sie nutzen, auch ein Stück Vertrauen in den Entwickler. Wägen Sie das bitte für sich ab.

Speziell bei AutoHotkey verwenden Sie bitte keine Konfigurationsskripte, die Sie nicht verstehen. Eine Automatisierungssoftware, die ohnehin schon weitreichende Erlaubnisse hat, sollen Sie nicht auch noch Programme unbekannter Funktion zur Verarbeitung geben.

Automatisiert schreiben

Was lohnt sich zu automatisieren?

Schauen Sie sich die letzten fünfzehn E-Mails und Dokumente an, die Sie geschrieben haben.

Welche längeren Wörter tauchen immer wieder auf? Welche Floskeln verwenden Sie? Welche Sätze oder Satzteile schreiben Sie genau so immer wieder? Das sind heisse Kandidaten für Textersetzungsprogramme.

Dann gehen Sie schrittweise die Themenbereiche durch, die Sie schriftlich beackern.

  1. Firmen- und Produktnamen. So schreibe ich ml für MATLAB, sl für Simulink, mw für MathWorks und tmw für The MathWorks GmbH. Außerdem mlsl für MATLAB & Simulink und mbd für Model-Based Design.
    Das macht schon das interne Kommunizieren viel klarer. Statt mit den Zweibuchstabenkürzeln um mich zu werfen, schreibe ich immer den ordentlichen Produktnamen aus, ohne mich zu verkünsteln.
  2. Namen von Organisationen, mit denen ich viel zu tun habe. FSG für Formula Student Germany, jufo für Jugend forscht, usw.
  3. Name. Alles, was mit meinem Namen zu tun hat. Mein Vorname, Name, E-Mail-Adresse, Adresse. js für Joachim Schlosser, drjs für Dr. Joachim Schlosser, usw.
  4. Floskeln. Alles, womit Sie eine Nachricht üblicherweise eröffnen oder schließen. Auf deutsch und englisch. hg für Herzliche Grüße, sgh für Sehr geehrter Herr, sgf für Sehr geehrte Frau, yrs für Yours sincerely, kr für Kind Regards, und viele mehr.
  5. Internet-Begriffe. Sobald ich http schreibe, steht schon http:// da. Sobald ich httw schreibe, steht schon http://www. da.
  6. Begriffe des Arbeitskontexts. Alles, was Sie sonst verwenden. mgmt für Management, mtg für meeting, dept für department. Sie kriegen es raus…
  7. Standardsätze. Sie bedanken sich für eine Rückmeldung. Sie schreiben immer denselben Begleittext zu einem Anhang. Sie bitten um Feedback. Automatisieren Sie Sätze, die Sie immer wieder schreiben. Das ist nicht nur okay, das ist wünschenswert. Ein einmal wunderbar formulierter Satz darf Standard werden. Ihre Nachricht ist trotzdem persönlich.
  8. Standardinformationen. Auch mehrzeilige Bausteine können sinnvoll sein, als Textersetzung vorzusehen.

Programme wie Microsoft Office Word und Outlook nehmen schon einige einfachere Ersetzungen vor, und erlauben ebenfalls, direkt in Word bzw. Outlook Textbausteine anzulegen. Der Vorteil ist, dass Sie kein extra Programm brauchen. Der Nachteil ist, dass Sie die Bausteine dann eben nur in Outlook oder nur in Word zur Verfügung haben. Und, dass Sie die Bausteine sehr schlecht aus dem Programm raus und auf einen anderen Computer bekommen. Habe ich versucht: ist mühsam.

Wenn Sie erst einmal begonnen haben, Textersetzungen anzulegen, dann kommen Ihnen mit der Zeit immer weitere Ideen, fallen Ihnen weitere Ausdrücke, Floskeln und Wörter auf, die Sie automatisieren möchten.

Manche Textersetzungsprogramme wie PhraseExpress schlagen Ihnen auch Wörter oder Sätze vor, die Sie öfters schreiben. Das ist ebenfalls hilfreich, wenngleich am Anfang etwas spooky, weil man auf diese Weise daran erinnert wird, dass das Programm mitliest.

Wie immer gilt: Halten Sie es einfach. Die besten Textbausteine helfen nichts, wenn Sie nachgrübeln müssen, wie das Kürzel dafür heißt. Deshalb nutze ich bei ausgefeilteren Programmen wie PhraseExpress auch nicht unbedingt die volle Funktionalität aus. Brauche ich die Bausteine zu selten und sind diese dann auch noch kompliziert zu nutzen, fällt der Vorteil für mich weg.

Welche Textbausteine fallen Ihnen ein?

Welche Textbausteine fallen Ihnen ein? Falls Sie schon mit Textersetzung arbeiten, welche Kürzel für welche Texte verwenden Sie? Und für was würden Sie Textersetzung gerne verwenden?

Lassen Sie die anderen Leser ebenso wie mich bitte teilhaben an Ihren Gedanken und kommentieren Sie!

Photo: Joachim Schlosser, License Creative Commons Attribution Share-Alike

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Kommentare

10 Antworten zu „Schneller schreiben mit Text­bau­steinen und automatischer Text­ersetzung“

  1. Avatar von Karin Freidhöfer
    Karin Freidhöfer

    Hallo,
    da bin ich wieder – habe mir gestern a-text im Microsoft-Store organisiert –
    1. muß wohl wieder mehr Englisch üben ;-)
    2. an meinem Abkürzungs-System arbeiten, a-text bessert mir gerade alles aus – aber grds. def. ein Gewinn!!!
    Danke

  2. Avatar von Karin Freidhöfer
    Karin Freidhöfer

    Hallo,
    danke für den informativen Beitrag,
    werde mir definitiv atext für Windows anschauen –
    da ich unendlich viele Textbausteine im Iphone (Bordmittel-Testersetzung nutze)
    habe ich mich schon oft gefragt ob das am PC nicht auch geht –
    mit freundlichen Grüßen tippen NERVT, obwohl ich tippen kann…
    bei E-Mails habe ich möglichst alles was ich öfter brauche als Vorlage erstellt –
    aber wie gesagt, das hilft woanders nicht weiter
    Mein System
    mfg – ist klar
    sgdh – Sehr geehrte Damen und Herren
    analog sgh bzw. sgf
    hg – herzliche Grüße
    etc.
    eigene E-Mail-Adressen sind lästig zu tippen und haben ein Kürzelsystem,
    Name und Adresse sowieso z. B. kk für Karin bb Berliner Str. 5 gg Germering
    und auch ganze Sätze die ich öfter brauche habe ich unter einem Stichwort als Textbaustein im Iphone
    so und jetzt mache ich mich auf die Suche nach atext,
    werde Bericht erstatten
    Merci

  3. Ich benutze auf MacOS seit 2018 aText. Großartiges Ding. Was immer da in der Vergangenheit nicht gut lief, scheint sich eingerenkt zu haben.

    1. Danke sehr, dann schau ich mir das wieder an. Ich mochte immer die Einfachheit von aText.

    2. Ah, ganz vergessen, aText ist auch für Windows verfügbar.

  4. Avatar von Andreas S.
    Andreas S.

    Hallo,

    ich arbeite mich gerade durch Ihren Blog bezüglich GTD und bin dabei über diesen Artikel gestossen.
    Für mich gibt es noch ein paar offene Frage zu diesem Artikel.
    Sie haben zu „TextExpander (Legacy)“ (iOS) geschrieben „Habe ich probiert: Gesehen, gelacht, gelöscht“
    Warum? (Ich bin erst seit neusten in der Apple Welt unterwegs und suche nach Apps die meinen Arbeitsalltag vereinfachen)
    Sie benutzen zwei unterschiedliche Programme für Textbausteine (einmal für Windows-PhraseExpress, Mac-TextExpander und iOS-Bordmittel). Nachsem ich mir zu beiden Programmen die Websites angeschaut habe, ist mir aufgefallen das beide sowohl Windows, Mac und iOS Versionen anbieten (ich bin ein Freund von Nutzung eines Programms auf allen Systemen, wenn möglich, da nur einmalige Einarbeitung).
    Warum nutzen Sie nicht nur ein Programm Plattformübergreifend? (Ich vermute weil Sie die Mac-Version vom Anbieter zur Verfügung gestellt bekommen haben und die Windows-Version von Ihrem Arbeitgeber). Vermuten ist aber nicht Wissen, deshalb frage ich nach.

    Beste Grüßen
    Andreas S.

    1. Hallo Andreas,
      zu TextExpander iOS: Dadurch, dass es eine neue Tastatur ist, fehlen leider all die Funktionen, die iOS von Haus aus eigentlich hat: Textvorschläge, Autokorrektur, Rechtschreibprüfung. Und dann ist die Anordnung der Sonderzeichen leider auch anders. So bringt mir die App nichts.

      Zu den unterschiedlichen Programmen:

      Als ich von aText zu TextExpander wechselte, funktionierte aText leider nicht mehr zuverlässig, und TextExpander gab es nicht auf Windows. Wahrscheinlich wechsle ich nun wieder zu aText, weil dieser wieder gut funktioniert und für meine Zwecke ausreichend ist. Oder ich sehe mir die PhraseExpress für Mac Version an

      PhraseExpress gab es damals nur für Windows, noch nicht für Mac, dafür konnte PhraseExpress die Daten von TextExpander übernehmen.

      Ich stimme Ihnen zu: Ideal ist es, auf allen Plattformen ein und dieselbe App zu benutzen. Da wiederum drehe ich die Hand nicht um zwischen PhraseExpress und TextExpander, die sind beide gut. Für aText auf Mac spricht der Preis: 5 Euro sind nix im Vergleich zum Nutzen.

  5. Mich würde interessieren warum atext „nicht mehr taugt“. Ich verwende es noch immer unter macos 10.12 (Sierra) aufgrund der Preispolitik von TextExpander. Der Funktionsumfang ist zwar geringer bei atext, ich denke aber für die meisten Anwender durchaus brauchbar. Ich verwende es vor allem für die schnelle Erstellung von Tasks in OmniFocus.
    Eine Aussage wie „taugt nicht mehr“ ist für mich daher sehr interessant, weil ich dadurch oftmals Workflows kennenlerne, die mir so noch nicht in den Sinn gekommen sind. Ich würde mich über eine Präzisierung der aussage freuen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Marc Koschel

    1. Das hatte gar keinen Workflow-Grund. Der Autor Tran hatte das Programm eine ganz Zeit lang nicht mehr aktualisiert, und auf neueren MacOS lief es nicht mehr einfach so. Deshalb bin ich umgestiegen. Dank deines Kommentars sah ich eben, dass er wieder eine neue Version erstellt hat. Das probiere ich gerne wieder aus und wechsele vielleicht zurück. Danke!

  6. Vielen Dank für den Link zu meinem Artikel! :-)
    Es ist wirklich unglaublich, wieviel Zeit und Gehirnschmalz man sich mit solchen Textbausteinen sparen kann!

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