Restaurantszene – wenn gut doch nur ein fades Zitat ist

In Königsbrunn gab es ein Restaurant, das nannte sich »Gordion« und bot nach eigener Lesart »eurasische« Küche dar. Dann wurde der Mietvertrag von seiten des beherbergenden Hotels nicht verlängert, das Gordion ging und blieb: Die Besitzer und das Konzept gingen, der Name blieb. Heute ist ein anderes Restaurant drin, jedoch nach wie vor unter dem Namen Gordion. Das ist nun kein Plagiat, sondern ein falsches Zitat, eine Referenz gesetzt wo gar keine hingehört.

Das Team des alten Gordion mischte im Gastraum loungeartige dunkle Ledersofas mit dunklem Holz und gediegenen Stühlen, dazu eine nicht zu grelle und nicht zu dunkle Beleuchtung. Neben aufregenden Kreationen auf der Speisekarte, die knackiges Gemüse mit erlesenem Fleisch und Fisch kombinierte und mit raffinierten Soßen abschmeckte, konnte man sich das auch selbst zusammenstellen: An einer Theke auf einen Teller das rohe Gemüse, Fisch oder Fleisch legen, eine Beilage und eine Soße aussuchen. Das Personal stand immer mit einem Rat zur Seite, was denn mit dem Tellerinhalt gut harmonierte. Dies wurde dann auf den Punkt zubereitet und serviert. Es war mit das Beste, was man im gesamten Augsburger Raum bekam. Wie lange hatten wir das? Schwer zu sagen, es mögen gut drei Jahre gewesen sein (laut Alter der Domain).

Kürzlich besuchten wir das neue Gordion, im Willen, diesem eine Chance zu geben, da ja vielleicht das Konzept geblieben sein könnte. Der neue Betreiber Azsteakas, ein Steakhausfranchise mit Häusern in vielen Städten Deutschlands, nichts wirklich falsch. Allein die Brillanz und das Flair sind verloren. Das beginnt bei der Tischdekoration, die nun nur ein Faltblatt als Speisekarte bietet, dazu die farblich nicht ganz passenden Azsteakas-Standardkarten für Dessert und Cocktails, ein beliebiges Glaswindlicht statt den urigen Holzschiffchen für die Kerzen von früher. Die Theke, in der früher die rohen Speisen präsentiert wurden, hat freilich ihre Funktion verloren und ist heim für die Steaksoßenflaschen. Die Speisen sind tadellos, das Fleisch zart, eben gediegene Steakhauskettenkost. Wie überall. Das Servicepersonal ist flott und freundlich, und doch fehlt ihm die Souveränität des einstigen Teams von Antonio-Banderas/Nicolas-Cage-Verschnitts und seiner Kollegin, die Gäste auch beraten konnten und immer persönlich auf den Gast eingingen. Die Summe der Einzigartigkeit ist fort.

Das neue Gordion können Sie besuchen, wenn sie im südlichen Augsburg ein Steak essen wollen, die neuen Betreiber betreiben es fehlerlos. Ich würde es jedoch nur denjenigen empfehlen, die mit dem Namen nicht das alte Gordion verbinden. Hieße das neue Restaurant Azsteakas und nicht Gordion, besuchten wir es vielleicht wieder. So aber vergleichen wir halt unbewusst, und dabei kann das neue nur verlieren.

Wie oft kommt es vor, dass eine Unternehmung einen Namen übernimmt, sich das darunterliegende Produkt jedoch stark ändert? Wie oft wird durch einen eingeführten Namen etwas suggeriert, was die Realität dann nicht mehr halten kann, selbst wenn das Neue auch gut ist? Der Name etwas Außergewöhnlichen sollte nur für etwas neues Außergewöhnliches wiederverwendet werden. Sie arbeiten im Produktmarketing? Dann stehen Sie ein für Ehrlichkeit und geben Ihrem Erzeugnis nur dann einen bekannten Namen, wenn es diesen auch verdient.

Fehlerlos heißt eben nicht brillant.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Restaurantszene – wenn gut doch nur ein fades Zitat ist“

  1. rohes fleisch? in super qualität? gibt es in augsburg bei der SAO bar. nur grillen muss mans selber, macht aber richtig spass…

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