Tipps, was Sie beim Präsentieren unbedingt tun sollten, gibt es wie Sand am Meer. Heute machen wir mal etwas anderes: Sie lesen, was Sie beim Vortrag alles weglassen können, damit Ihre Zuhörer den Wald vor lauter Bäumen nicht übersehen.
Ich weiß, dass das neurologisch schwer zu befolgen ist, weil das Gehirn negative Befehle nur schwer umsetzen kann. Denken Sie mal nicht an einen blauen Elefant. Sehen Sie? Trotzdem führen wir die Übung hier durch, denn manchmal hilft ein abschreckendes Beispiel.
So achten Sie mal bei der nächsten Präsentation oder Rede, die Sie irgendwo sehen, auf die folgenden Dinge, oder Sie bitten einen netten Kollegen, bei Ihrem nächsten Vortrag darauf zu achten und Ihnen Rückmeldung zu geben.
Also, weglassen können Sie all das hier:
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Den Anfangssatz, dass Sie sich freuen, hier stehen zu dürfen und zum Publikum zu sprechen.
Das will keiner hören. Wenn Sie anfangen, dann fangen Sie richtig an. Sie haben maximal 30 Sekunden Zeit, um die anfängliche Aufmerksamkeit zu bewahren. Also nutzen Sie die Zeit und fangen mit Ihrer Rede an.
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Den Dank, den Sie zu Beginn dem Veranstalter aussprechen möchten, dass er sie eingeladen hat und ihrer Mutter, dass sie Sie groß gezogen hat.
Der Veranstalter hat Sie eingeladen, weil Sie gut sind oder weil Sie Geld bezahlt haben. Kein Grund, an dieser Stelle zu danken. Und Ihrer Mutter danken Sie bitte in kleinem Rahmen oder im Vor-/Nachwort Ihres Buches.
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Die Firmenpräsentation, bevor Sie zum eigentlichen Thema kommen.
Viele Reden beginnen mit dem Satz »Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, lassen Sie mich einige wenige Worte über meine Firma verlieren«. Der Satz enthält eine Lüge und eine Wahrheit. Die Lüge ist, dass es wenige Worte sind. Die Wahrheit ist das Verlieren, denn Sie haben schon verloren, wenn Sie es tun. Entweder die Worte über die Firma gehören zum Thema, dann passen Sie sie in Ihre Rede ein, oder sie gehören nicht dazu, dann lassen Sie es sein. Oder packen es irgendwo in die Mitte, wenn Sie denn müssen. Und lesen Sie den Blogbeitrag zu Firmenpräsentationen.
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Den starren Blick zur Wand, auf der Ihre Folien erscheinen.
Da schauen ja schon Ihre Zuhörer hin, die fällt nicht um, keine Angst. Wenn Sie schon einen Blick auf Ihr Material brauchen, dann sorgen Sie dafür, dass Ihr Laptop so in ihrem Blickfeld steht, dass Sie den Kopf dafür nicht vom Publikum abwenden müssen.
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Die dritte Dimension in der Balkengrafik.
Braucht keiner, wenn es sich um zweidimensionale Daten handelt. Der Signaltheoretiker kennt das Konzept »Signal zu Rauschen«, und alles in der Grafik, was nicht die Aussage unterstreicht, ist »Rauschen«.
Und wenn Sie tatsächlich drei Dimensionen an Daten haben, dann kann bei dreidimensionalen Balkengrafiken auch keiner mehr etwas erkennen. Also lassen Sie es.
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Folien als Transskript Ihrer Rede in Form von Aufzählungslisten (»Bullet Points«).
Sagen Sie, was Sie sagen wollen. Aber geben Sie Ihrem Publikum nicht dasselbe zu lesen, denn lesen können die schneller als Sie vorlesen, und das wird schnell langweilig. Wenn Sie unbedingt ablesen müssen, machen Sie sich mit dem zwei-Bildschirm-Modus von PowerPoint/Keynote/Impress vertraut.
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Den supercoolen Folienübergang bei dem Ihr Publikum seekrank und sehkrank wird.
Auch hier gilt wieder das Prinzip von Signal zu Rauschen. Der supercoole Übergang kann an einer Stelle auch mal wirklich sinnvoll sein. Nur dann hat er seine Berechtigung.
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Das Stock-Foto mit den Anzugträgern aller Hautfarben.
Dieses Foto hat erstens schon jeder zigmal gesehen und zweitens wissen wir alle, das kaum ein Team in unserem Kulturkreis tatsächlich so aussieht ‒ wir tragen nicht alle Anzug…
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Den zu kleinen Screenshot Ihrer Software, die Sie präsentieren.
Entweder Sie wollen spezifisch etwas an Ihrer Software zeigen. Dann ist der Screenshot so groß wie der gesamte Bildschirm, damit man auch was erkennt, oder Sie zeigen es gleich in der Software. Oder der Screenshot muss weg.
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Das Clipart mit dem Smiley mit den aufgerissenen weißen Augen, den Augenbrauen und den schwarzen Händen.
Tun Sie’s einfach nicht.
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Den Witz, den Sie schon immer mal anbringen wollten.
Mit großer Wahrscheinlichkeit passt er nicht. Entweder nicht zu Ihrem Thema, nicht zu Ihrem Publikum oder nicht zu Ihnen selbst.
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Etwa Hälfte der Wörter auf fast jeder Folie.
Lesen Sie meinen Artikel »3 schnelle Schritte zu besseren Folien« und fangen Sie an, Text zu löschen.
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Ihr großes Ego.
Das, was Sie zu erzählen haben, sollte größer sein und mehr Raum einnehmen als Sie selbst. Außer das Thema Ihres Vortrags sind Sie selber. Und dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie diese Präsentation wirklich selbst halten wollen.
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Äh.
Mit wenigen bis gar keinen Äh-Lauten zu sprechen ist reine Übungssache und eine Sache der Vorbereitung. Je besser Sie wissen, was Sie sagen wollen, desto weniger Ähs brauchen Sie. Wenn Sie irgendwann allerdings so gut wissen, was Sie sagen wollen, dass Sie die ganze Rede auswendig können, werden Sie oft mehr Ähs verwenden, wenn Sie den präzisen Anschluss verlieren. Also viel üben, aber nicht zu viel. Und wenn Sie mal nach einem Wort suchen: Pause machen. Ist viel wirkungsvoller.
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Ihr Lieblingswort.
Ihr Lieblingswort verwenden Sie mit Sicherheit zu viel. Und zwar meist ohne, dass Sie es merken. Jeder, der Sie schon öfters vortragen gehört hat, kann Ihnen Ihr Lieblingswort sagen. Fragen Sie einfach danach. Mein Lieblingswort ist »konvergiert«, was den Vorteil hat, dass ich es nicht allzu viel verwenden kann. Deswegen heißt der Blog auch »Konvergenzbereich«. Meist ist das Lieblingswort ein Füllwort wie prinzipiell, oder eigentlich. Gerne auch Anglizismen wie Return on Invest oder Value Proposition.
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Füllwörter.
Eigentlich ist eigentlich Unsinn. Wenn etwas eigentlich so ist, ist es nun so oder nicht? Im Prinzip genauso. Quasi.
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Mehr als drei geltende Ziffern in Statistiken.
Puristen sagen sogar zwei geltende Ziffern reichen. Wenn Ihr Umsatz über fünf Millionen ist, interessiert sich niemand für die zehntausend Euro mehr oder weniger. Gern gemachter Fehler: Nachkommastellen bei Prozentwerten, die auf einer Grundgesamtheit kleiner Hundert basieren. Genaue Beträge bei Währungsumrechnungen. Also wenn die Firma ungefähr eine Million US-Dollar macht, ist es in Ordnung, eine dreiviertel Million Euro zu schreiben.
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Schriftgrößen, die keiner lesen kann.
Der Raum, in dem Sie präsentieren, ist immer größer, als Sie annehmen. Oder der Projektor steht näher an der Wand, als Sie hoffen. Beides führt dazu, dass die Inhalte Ihrer Präsentation an der Wand kleiner erscheinen, als Sie glauben. Hier hilft nur etwas Sicherheitsmarge. Löschen Sie etwas Text, und machen den verbleibenden größer. Und jetzt noch etwas größer. Nur Mut, noch ein Stückchen.
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Wichtigen Text im unteren Fünftel der Folie.
Wenn Sie vor einem Publikum in mehreren Stuhlreihen vortragen, dann hat jemand spätestens ab der dritten Reihe einen Kopf im Bild. Und das sorgt dafür, dass mindestens das untere Fünftel Ihrer Folie gar nicht zu sehen ist. Also sollte dort auch nichts wichtiges stehen. Schlechte Zeiten für Beweisführungen mit dem Schluss am Schluss.
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Überlange Aufzählungen.
Die Merkspanne von Menschen liegt in der Regel zwischen vier und neun Punkten. Also wäre diese Aufzählung hier für eine Präsentation bereits zu lange, wenn sie nicht in eine Geschichte eingebettet ist.
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Mehr als drei Kernaussagen.
Der geneigte Zuhörer kann sich ohnehin nicht mehr als zwei oder drei Aussagen zum gesamten Vortrag merken. Der nicht geneigte noch weniger. Je stärker Sie sich fokussieren, desto größer die Chance, dass Ihr Publikum tatsächlich etwas mitnimmt.
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Schwergewichtige Folienvorlagen.
Das kann das sehr große Firmenlogo omnipräsent auf jeder Folie sein, oder dicke, stark farbige Rahmen, die nur Platz auf der Folie wegnehmen, keine Funktion haben. Lassen Sie es lieber luftig.Auch wenn Ihre Corporate Identity (CI) die Folienvorlage vorschreibt ‒ Sie stehen schließlich oben. Ich habe schon einige CI-Folienvorlagen ungefragt »entschlackt«, was entweder bewusst niemandem auffiel oder ich auch von Kollegen und Vorgesetzten positive Rückmeldung bekam die Folien sähen heute so angenehm aus. Nur Mut!
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Zu viele Farben oder zu wenig Kontrast.
Seien Sie sparsam bei der Zahl der Farben, die Sie verwenden. Das gilt sowohl für Text, bei dem nur eine Art der Auszeichnung verwendet werden sollte ‒ also farbig oder fett oder kursiv, nicht alles zusammen. Auch bei Diagrammen und Prozessbildchen lieber weniger Farben, dafür mehr Sinn hinter jeder Farbe. Auf diese Weise kommen Sie auch weniger in die Gefahr, kontrastarme Grafiken zu erzeugen, bei denen beispielsweise orange und gelb vollkommen verschiedene Bedeutungen haben, was nur leider auf dem ausgeblichenen Beamer keiner mehr sehen kann.
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Mehr als eine Kerninformationen pro Folie.
Im vorigen Artikel habe ich schon davor gewarnt, lange Aufzählungen zu verwenden. Eine Aufzählung ist immer nur als eine solche zu verstehen, als eine Auflistung von verwandten Fakten. Das ist okay, so lange sich alle auf eine Kerninformation beziehen. Denn mehr als eine Kerninformation verträgt keine Folie. Wenn Sie zwei Kerninformationen haben, machen Sie zwei Folien draus.Wenn Ihre Folien luftig sind, dürfen es auch mehr sein. Den wenigsten Zuschauern fällt auf, dass Sie in 15 Minuten mehr als 40 Folien gesehen haben, wenn jede Folie für sich leicht verdaulich ist.
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Schleimspuren.
Auch wenn Sie mit Ihrem Vortrag bestimmten Menschen wie etwa Vorgesetzten oder Kunden, Auftraggebern gefallen wollen: kein Grund, sich anzubiedern. Die merken das in der Regel. Und die anderen Zuhörer auch. Der leichteste Weg, Glaubwürdigkeit zu verspielen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.
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Den starren Blick zum Chef.
Ob er wohl gut findet, was ich gerade sage? Diese Frage lenkt Sie unweigerlich ab von Ihrer Aufgabe. Ihr Chef ist nur einer der Zuhörer. Glauben Sie, dass Ihre Präsentation besser wird, wenn Sie sich auf Ihn fixieren? Glauben Sie das will er sehen? Nicht wirklich.
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Den nervös bewegten Stift oder fächelnde Moderationskarten in der Hand des Präsentators.
Eine gewisse Nervosität beim öffentlichen Sprechen vor Menschen ist normal. Wenn Sie jedoch nicht darauf achten, wird sich Ihre Nervosität auf irgendetwas projizieren, das Sie in der Hand halten. Sie rascheln mit den Moderationskarten oder – wie ich seinerzeit – klicken permanent mit Daumen auf den Kugelschreiber.Damals stand übrigens ein netter Studienkollege auf, nahm mir den Kugelschreiber aus der Hand und gab mit stattdessen einen Bleistift.
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Unpassende Kleidung.
Männer: Zu kurz oder zu lang gebundene Krawatten wirken irgendwie inkompetent. Warum soll ich jemandem etwas glauben, der schon beim Schlips Probleme hat? Üben, üben. Wir haben das seinerzeit übrigens im Mathe-Leistungskurs gelernt.Damen: Zu kurze Röcke oder ein zu tiefes Dekolleté übrigens auch. Alles zu seiner Zeit. Sie wollen doch nicht, dass die Zuschauer vom Inhalt des Vortrags abgelenkt sind, oder?
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Selbstzweifel.
Selbstzweifel sind für die Teilnehmer zumeist spürbar. Vielleicht auch am grimmigen oder angestrengten Blick. Wozu Selbstzweifel an dieser Stelle? Sie stehen dort, weil Ihnen das jemand zutraut. Entweder Sie wurden von Ihrer Firma entsandt, oder haben es als Vortragender geschafft, ein Publikum selbst zu versammeln. Also nur zu!
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Den rastlosen Tiger in Ihnen ebenso wie die Salzsäule.
Zu viel Wanderung über die Bühne irritiert. Ebenso, wie Sie Ihr Publikum irritieren, wenn Sie wie angewurzelt stehen bleiben, ebenso irritieren Sie es, wenn Sie rastlos wie ein Tiger hin- und her wandern.Ja was denn nun? Stehen bleiben oder wandern? Sie dürfen ja gerne umherlaufen, aber tun Sie es im besten Fall gezielt oder locker und gemächlich. Spätestens wenn sich die Zuhörer an ein Tennismatch erinnert fühlen, sind Sie zu schnell.
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Nicht eingebettete Videos.
Weglassen können Sie Videos, die nicht aus der Präsentation heraus starten und bei denen der Ton zu leise ist.
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Multimedia, wenn Sie nichts über die Ausstattung wissen.
Multimedia ist ja toll. Wenn es zielgerichtet eingesetzt ist und wenn es funktioniert. Ein Video, bei dem Sie den Ton brauchen, bringt nichts, wenn Sie es nicht gut rüberbringen können. Hat der Raum Lautsprecherboxen?
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Videos mit Sprecher.
Ich empfehle generell, nur Videos ohne Ton zu verwenden, denn Sie sind ja der Vortragende. Höhepunkt war ein Vortrag auf einer Konferenz, bei der eine Sprecherin die Hälfte ihres Vortrags mit einem Video von sich selbst bestritt und dabei aber sich selbst auf dem Video sprechen ließ.Auch überflüssige Musik kann stören, oder überflüssige Geräusche. Alles, was Sie nicht brauchen, können Sie weglassen.
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Die Frage: »Kann man das hinten noch lesen?«
Wenn Sie diese Frage stellen, dann wissen Sie schon, dass Ihr Text oder sonstige Dinge, die die Leute sehen können sollten, wahrscheinlich zu klein sind. Also denken Sie nächstes Mal gleich vorher daran und erstellen Material, bei dem Sie nicht fragen müssen.
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Entschuldigung bei technischen Defekten.
Die Entschuldigung bei technischen Defekten, dass vorhin noch alles funktioniert habe, können Sie sich sparen. Die Präsentation wird dadurch nicht besser. Entweder Sie haben keine Defekte ‒ was unwahrscheinlich ist, denn irgendwas ist immer ‒ oder Sie gehen souverän damit um.Gehen Sie darüber hinweg, machen Sie einfach weiter. Hoffentlich war das, was nicht funktioniert zu verschmerzen.
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Die Schlussfolie »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
So, da haben Sie also eine viertel, halbe, dreiviertel Stunde oder noch länger eine Geschichte aufgebaut, argumentiert und dafür gesorgt, dass Ihre Zuhörer etwas mitnehmen. Und dann verschwenden Sie diejenige Folie, die wahrscheinlich angesichts der jetzt folgenden Frage-und-Antwortrunde am längsten zu sehen ist? Nicht doch!Die letzte Folie ist die, die am längsten zu sehen ist. Sie hat am ehesten die Chance, sich in die Erinnerung einzubrennen. Was auch immer das Ziel Ihrer Präsentation ist ‒ die letzte Folie sollte etwas damit zu tun haben.
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Die Schlussfolie mit Ihren vollständigen Kontaktdaten.
Was glauben Sie, was das bringt? Sollen die Zuschauer jetzt schnell Zettel und Stift rausholen und sich das abschreiben? Mit Adresse, Fax und Telefonnummer? Eine Internetadresse ist ja in Ordnung, das kann man sich noch merken, aber doch bitte nicht die ganze Anschrift inklusive Postleitzahl.
Was können Sie noch weglassen beim Präsentieren? Ich freue mich auf Kommentare, auch den jetzt unvermeidlichen Kommentar »Blogposts wie diesen hier.«
Auf jeden Fall Danke für die zusätzlichen Ideen an: Bettina Schöbitz, Rico Magnucki, Martina Cwojdzinski, Ilse Mohr, Wolfgang Klüver, Christoph Heller, Michael Klems
Fotos: Joachim Schlosser. Dieser Post erschien ursprünglich Ende 2013, und ist jetzt vollständig überarbeitet und runderneuert.
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