Seit meinem ersten Kontakt mit dem Textsatzsystem LaTeX vor dreizehn Jahren bin ich zufriedener – registrierter – Nutzer der LaTeX-Distribution namens MiKTeX. Christian Schenk, der Maintainer von MiKTeX, macht eine hervorragende Arbeit. Diesen Herbst wechselte ich von MiKTeX auf TeX Live, der anderen großen TeX-Distribution. Wieso? Was ist sind einige Unterschiede von TeX Live und MiKTeX?
Dem MiKTeX-Projekt kann durch Spenden geholfen werden, aber natürlich auch wie jedem Softwareprojekt, indem man auftretende Seltsamheiten (»Bugs«) meldet, vielleicht sogar inklusive einem kleinen Debugging-Versuch.
Warum also der Wechsel, wenn ich doch soweit alles funktioniert?
Den Anstoß gab die Arbeit an der 5. Auflage meines LaTeX-Buchs. Wir hatten vereinbart, Glossare zu besprechen, meine Wahl fiel auf das glossaries-Paket. Dieses Glossar-Paket verwendet den MakeIndex-Prozess und funktioniert leidlich schlecht mit dem Sortierprogramm gleichen Namens makeindex. Um aber richtig gut zu funktionieren, benötigt glossaries ein Perl-Skript makeglossaries und das Index-Sortierprogramm namens Xindy. Xindy kann fast alles, was makeindex kann und darüberhinaus das meiste, was man dort seit jeher vermisste. Vor allem das Arbeiten mit Umlauten und verschiedenen Sprachen funktioniert sauber. Aus diesem Grund hatten in der Vergangenheit auch schon Leser angefragt, warum ich denn nicht auf für mein Kapitel über das Erstellen eines Index Xindy statt makeindex verwendete.
Xindy ist ein Skript in der Sprache Perl, benötigt also einen Perl-Interpreter auf dem Computer. In MiKTeX gibt es weder ein Paket für Xindy noch einen eingebauten Perl-Interpreter . Wie man Xindy in MiKTeX zum Laufen bringen kann, ist bekannt und funktioniert auch. Einen Perl-Interpreter zu installieren, der allein schonmal das makeglossaries-Skript zum Laufen bringt, ist einfach. Doch den doch eher aufwendigen Weg Xindy zu installieren, möchte ich meinen Lesern – per Definition ja Einsteiger, die vorher vielleicht noch nie mit Kommandozeile, Umgebungsvariablen und Markup gearbeitet haben und deshalb allein von diesem Schritt abgeschreckt werden könnten – nicht zumuten.
Für die Leser brauchte ich also ein Xindy-Paket, das komplett alles selbst für Windows bzw. MiKTeX mitbringt und ohne Nacharbeiten läuft. Und genau hier zog ich das erste Mal seit zwölf Jahren TeX Live in Erwägung, nachdem ich auf dem Mac schon seit Jahren mit der MacTeX Distribution, die auf TeX Live basiert, zufrieden bin. Die Installation von TeX Live ist mittlerweile für Einsteiger zu empfehlen. Und so strickte ich das ganze Buch um auf die TeX Live Distribution, das Index-Kapitel, das Installations-Kapitel und damit auch mein freies LaTeX-Installations-Tutorial.
Insgesamt ein leichter und ein schwerer Schritt. Ein leichter, weil ja das schöne an LaTeX eben ist, dass die Dokumente portabel sind. Ein schwerer, weil ich mich natürlich sehr an MiKTeX gewöhnt hatte und ausserdem wusste, was neu zu schreiben auf mich zukäme.
Das schöne: Nun habe ich die gleiche Distribution auf allen Betriebssystemen, die ich verwende – Windows und Mac OS X und bisweilen GNU/Linux.
Aber ohne die Notwendigkeit des Glossars wäre ich zweifellos bei MiKTeX geblieben. Dieser Beitrag ist also keine Um-Ab-Aufwertung der einen über die andere Distribution. Seien Sie pragmatisch: Beide sind gut. Wenn Sie reiner Windows-Anwender sind, fahren Sie mit MiKTeX nach wie vor hervorragend. Ich sage Danke, Christian Schenk, für eine wunderbare Distribution.
[latexbuchamz]
Vergleich Installation MiKTeX und TeX Live
- Installation –
- MiKTeX hat definitiv den schöneren, einfacheren Installer, der auch sauberer aufzurufen ist. Es werden etwa 1 GB Programme und Pakete heruntergeladen. Installiert wird in den Windows-Programme-Ordner. Alle relevanten Schriften sind mit installiert. Installationsanleitung für Komplettsystem mit MiKTeX
- TeX Live hat einen Installer, der auf einer Perl-GUI basiert. Der Aufruf ist nicht ganz so schön, aber noch akzeptabel. Es werden ca. 2 GB Programme und Pakete heruntergeladen. Installiert wird in einen Ordner im Wurzelverzeichnis, also nicht in den Windows-Programme-Ordner. Schon dabei: Perl, Ghostscript, ein LaTeX-Editor. Installationsanleitung für Komplettsystem mit TeX Live
- Geschwindigkeit
Dokumente kompilieren mit TeX Live schneller als mit MiKTeX: Ein einziger Laufe meines LaTeX-Buches ist im Durchschnitt 23 Prozent schneller. Dies wird auch andernorts bestätigt. Bei einigen Dokumenten ist der Geschwindigkeitsunterschied größer, bei anderen kleiner, doch scheint TeX Live durchwegs ein bisschen schneller zu sein. - Paketinstallation
MiKTeX besitzt die Fähigkeit, Pakete automatisch nachzuinstallieren, wenn diese von einem Dokument benutzt werden. Diese Funktionalität hängt von den Benutzerrechten und dem verwendeten Editor, der den LaTeX-Prozess aufruft, ab. Ich selbst habe diese Funktionalität deshalb nie verwendet. - Zusatzprogramme wie Xindy, Ghostscript, Perl
Im TeX-Umfeld relevante Programme wie Xindy, Ghostscript und Perl müssen in MiKTeX selbst nachinstalliert werden. In TeX Live sind sie bereits dabei. Dies treibt natürlich das Gesamtvolumen des Downloads in die Höhe. TeX Live lädt etwas über 2 GB herunter, MiKTeX etwas über 1 GB. - Schriften
- MiKTeX bringt alle üblichen TeX-Schriften mit.
- TeX Live lässt nach der Installation einige Schriften vermissen, die lizenzrechtlich problematisch sind. Diese Schriften sind mittels eines Skripts getnonfreefonts nachzuinstallieren.
- Maintainer / Plattform
Weitere Besprechungen über die Unterschiede zwischen MiKTeX und TeX Live:
* Joseph Wright Blog
* Joseph Wright in TUGboat
* TeX StackExchange
Welche LaTeX-Distribution verwenden Sie? Was gefällt Ihnen daran? Was wünschen Sie sich anders?
Kann das auch am Repository liegen? Welche Quelle ist für Windows Nutzer zu empfehlen, Fulda, Regensburg, Aachen, … ?
https://www.ctan.org/mirrors/mirmon#de meint, dass ziemlich alle Mirrors gut laufen, daran sollte es nicht liegen.
Könnte sein, ist jedoch eher unwahrscheinlich.
Ich vermisse bei TeXLive die ngerman ( Neue deutsche Rechtschreibung) trotz einer Installation von fast 7GB. Unglaubliche Groesse für ein bisschen schönen Text.
Seltsam, das sollte nicht der Fall sein. Lassen Sie am besten mal den Tex Live Manager laufen und alle Updates holen.
Etwas später… ich versuche gerade den Umstieg, weil TeX Live am Arbeits-PC (OpenSuse) erheblich schneller ist als MikTeX am Heim-Laptop (Windows 10) und ich wissen will, ob das an Linux vs Windows oder MikTeX vs TeXLive liegt. Kann natürlich auch an Desktop vs Laptop liegen (beides aktuelle leistungsstarke Geräte).
Habe Perl heruntergeladen, mit typischen Funktionen installiert und seitdem funktioniert glossaries einwandfrei. (Link: https://tex.stackexchange.com/questions/158796/miktex-and-perl-scripts-and-one-python-script. Active Perl 5.26.3 Build 2603)
Vielleicht einfacher, als komplett auf Tex Live umzusteigen.
Ueber einen Link bin ich hier gelandet – nur weil ich mich aus neugier Frage, bei MikTeX bleiben oder TeXLive….
Aber zum eigentlichen Kommentar: Sie schreiben dass Gloassaries mit MikTeX und makeindex schlecht funktioniert – sind dies irgendwelche Spezialfunktionen?
Ich hatte vor gut 3 Jahren einiges an Zeit in Recherche gesteckt und wurde am Ende in der LaTeX-Community fuendig sofern ich mich nicht irre. (Die Anleitung nennt die gleiche Einstellung.)
Im TeXnic Center muss man nur makeindex als post processor mit ensprechende Argumenten hinzufuegen.
-> -s „%tm.ist“ -t „%tm.glg“ -o „%tm.gls“ „%tm.glo“ <-
Zumindest soweit ich das beurteilen funktioniert dies einwandfrei.
Ja, bei rein englischsprachigen Texten kein Problem. Wenn Umlaute, Akzente usw. ins Spiel kommen, tut sich makeindex schwer, ein korrektes Ergebnis zu erzeugen.