Dr. Joachim Schlosser

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Mathematik, Modellierung und Simulation mit 500 anderen

Am Dienstag hatte ich die wunderbare Gelegenheit, den Tag mit fast 500 Ingenieuren, Physikern, Chemikern, Geologen und Mathematikern in München auf einer Konferenz zu verbringen. Mathematik, Modellierung und Simulation war das übergreifende Thema. Die Sprecher stellten ihre Projekte vor, ihren Einsatz mathematischer Methoden, um Innovation zu schaffen, zu lehren und den Entwicklungsstandort Deutschland zu sichern.

Verteilt durch alle drei Tracks ‒ mathematische Modellierung und Datenanalyse, Model-Based Design und Master Classes ‒ waren Hochschul- und Universitätsprojekte eingeflochten. Prof. Dr. Ekkehard Holzbecher von der Uni Göttingen beispielsweise stellte vor, wie er an seinem Lehrstuhl mathematische Methoden und MATLAB für Geowissenschaften einsetzt. In einem Intermezzo durfte ich darüber sprechen wie und warum Computermathematik das Lernen effektiver macht.

Die Rede und Präsentation gibt’s jetzt hier nachzulesen, das Video folgt später auf den Seiten der MATLAB Expo.

Effektiv Lernen – Lehren mit MATLAB

Was heisst denn effektiv lernen? Effektiv ist, wenn Ihre Studenten es verstehen und behalten.

Effektiv lernen – Lehren mit MATLAB from Joachim Schlosser

Beginnen wir mit einem kleinen Beispiel. Halten Sie mal den rechten Arm hoch. Oberarm nach vorne, Unterarm im 90-Grad-Winkel abgeknickt nach oben. Sie werden gleich nur den Unterarm bewegen. Die Hand können Sie locker lassen, zur Vereinfachung nehmen wir an sie sei nur ein Fähnchen und masselos. Greifen Sie nun mit der linken Hand um das rechte Handgelenk. Bewegen Sie nun den linken Arm nach links und rechts. Was merken Sie? Ihr rechter Arm bewegt sich ebenfalls, mit dem Ellenbogen als Drehpunkt. Rutschen Sie nun mit der linken Hand am rechten Unterarm hinunter und bewegen den linken Arm dabei in der selben Geschwindigkeit weiter wie bisher. Was spüren Sie? Der rechte Arm bewegt sich nun viel schneller hin und her als vorher. Wenn Sie jetzt die linke Hand jeweils vor der Bewegung nach rechts nach oben rutschen lassen und vor der Bewegung nach links wieder runter, dann haben Sie einen Klassiker der Mechanik vor sich: Den Quick-Return-Mechanismus.

Der chinesische Philosoph Konfuzius sagte:

Sage es mir, ich vergesse es.

Zeige es mir, ich behalte es.

Lass es mich tun, ich verstehe.

Zweifellos haben Sie verstanden, wie der Quick-Return-Mechanismus funktioniert. Und das ist es doch, was Sie Ihren Studenten vermitteln möchten: Dass sie weg von der bloßen Frage »Welche Gleichung?« gehen und tieferes Verständnis entwickeln mit der Frage »Welches Prinzip?«.

Kommen wir zum Beispiel zurück. Bei dem Beispiel aus der Mechanik handelt sich um eine Kurbel, die in einen geschlitzten Hebel geführt wird, der seinerseits unten einen Drehpunkt aufweist. Es soll nun für eine bestimmte Stellung die Winkelgeschwindigkeit des Hebels bestimmt werden. Die vollständige Bewegung lässt sich durch eine Animation verdeutlichen.

Quick Return Animation

Quick Return PrincipleWenn wir uns die Mechanik genauer ansehen, dann entspricht der Hebel einem Vektor r_{B/C}, die Kurbel einem Vektor r_{B/A}. Der Hebel spannt ein Koordinatensystem (x,y) auf, und das ganze befindet sich in einem globalen Koordinatensystem (X,Y).

Wer von Ihnen hat Mechanik gehört? Dann können Sie sicherlich die Gleichung für die Winkelgeschwindigkeit und die Beschleunigung des Hebels aufstellen.

Quick Return Equations

Wollen Sie diese nun per Hand auf Papier fertig ausrechnen, so haben Sie folgende Herausforderungen: Mehrere Koordinatensysteme. Relative Bewegungsgleichungen. Vektoralgebra. Und viele Terme, die es nachzuverfolgen gibt. Ihre Studenten haben viele Möglichkeiten, hier Fehler zu machen, obwohl sie das Prinzip verstanden haben und mit Algebra umgehen können.

Ein möglicher Weg ist, die Umformungen in einem Computeralgebra-System symbolisch vorzunehmen. Sie sehen die Umsetzung in der MATLAB Symbolic Computing Toolbox. Dieselbe Gleichung, die wir vorher aufgestellt haben, doch die Umformungen nicht mehr auf Paper, sondern als Anweisungen an die Computeralgebra. Und wenn die Gleichungen dann schonmal im Computer sind, können Sie sich beispielsweise auch den Verlauf der Geschwindigkeit abhängig vom Winkel darstellen lassen, ohne dies für jeden Punkt händisch ausrechnen zu müssen. Die Computeralgebra fußt nach wie vor auf den fundamentalen Prinzipien der Mathematik und in diesem Fall der Mechanik, doch können Ihre Studenten besser die volle Bewegung erfassen. Nicht zuletzt können Sie hier auch leicht Fragen »Was wäre wenn…?« beantworten. Wie ändert sich das Verhalten, wenn die Kurbel länger oder kürzer wird? Wenn ich den Drehpunkt verschiebe?

Warum das alles? Wenn wir ein Koordinatensystem aufspannen, mit Tiefgang auf der einen, Breite auf der anderen Achse, dann ist das, was Studenten in der klassischen Lehre aufnehmen können, eine konkave Kurve links unten. Entweder Tiefgang oder Breite oder eben nur ein bisschen von beidem. Wo Sie als Professor mit Ihren Kollegen die Studierenden hinbringen wollen, ist aber deutlich außerhalb dieses Bereichs: tiefer und breiter. Länger laufende Veranstaltungen oder auch ganze Studiengänge können die Kurve ein wenig nach oben rechts verschieben, aber bei weitem nicht genug.

Computergestütztes Rechnen, Modellieren und Simulieren erlaubt diesen Schritt, indem langwierige Standard-Berechnungen automatisiert werden. Verstehen Sie mich richtig: Ich halte es für absolut notwendig, dass Ingenieure und Wissenschaftler, egal ob sie nach dem Studium in die Forschung oder Industrie gehen, fähig sind, die Gleichungen nicht nur aufzustellen, sondern auch damit zu hantieren. Computergestütztes Arbeiten im Studium soll die Gleichungen nicht wegnehmen, sondern die Arbeit damit beschleunigen.

Computergestütztes Rechnen schult damit einige Eigenschaften, die ich sowohl von Professoren als auch von Führungskräften aus der Industrie als Anforderungen an Absolventen höre:

Grundsätzliche Prinzipien. Die Studierenden sollen verstehen, was und warum sich das System so verhält, wie es das tut. Nur dann kann darauf Innovation entstehen. Computeralgebra und Numerik befreien von zeitaufwändigen, aber wenig werthaltigen händischen Rechnungen.

Systematische Vorgehensweisen. Die Studierenden lernen, methodisch zu denken und systematisch vorzugehen. Die Software fördert genau das.

Veranschaulichen von Lösungen. Indem die Software erlaubt, Graphen und Animationen aus den Gleichungen und Modellen zu erzeugen, werden die Zusammenhänge und Effekte besser sichtbar.

Verschiedene Perspektiven. Indem Studierende aus verschiedenen Arten der Modellierung auf die Aufgabe blicken und diese berechnen können, lernen sie, mehrere Ansätze zu berücksichtigen und zu vergleichen.

Kritisches Denken. Wenn verschiedene Ansätze verglichen werden, dann schult dies die Fähigkeit zum kritischen Denken. Nicht alles, was denkbar ist, führt auch tatsächlich und effizient zum Ergebnis. Nicht alle Konfigurationen sind sinnvoll. Wenn Ihre Studierenden sie dennoch gefahrlos simulieren können und die Effekte sehen, entwickeln sie diese Fähigkeit leichter.

Die verschiedenen Perspektiven können durch verschiedene Arten der Modellierung entstehen. So liegt MATLAB als Basis unter allen. Numerische Methoden inklusive Statistik und Optimierung bauen darauf auf. Die Computeralgebra, symbolische Mathematik findet in der Symbolic Math Toolbox statt. Auf der dynamischen Seite, wenn signalflussorientiert oder physikalisch modelliert und simuliert werden soll, bilden Simulink & Stateflow die Grundlage, auf die Simscape und SimMechanics aufbauen. Ihre Studierenden können aus den Gleichungen der Algebra dann auch numerische Funktionen in MATLAB oder Blöcke in Simulink und Simscape automatisch erzeugen. Und wenn es dann mal zu lange dauert, eine große Anzahl an Berechnungen vorzunehmen, dann rechnen Sie mit Parallel Computing entweder lokal oder auf einem Cluster.

Die Modellierung desselben Quick-Return-Mechanismus in der Mehrdomänen-Modellierung in SimMechanics zeigt, dass hier nun nicht mit Gleichungen als Basis gearbeitet wird, sondern die Topologie des Systems aus geschlitztem Hebel, Kurbel und Gelenken modelliert wird. Die Gleichungen entstehen daraus implizit.

Mathematik ist immer dabei, und je nachdem, was Sie vermitteln möchten, helfen Computermathematik und Simulation, Ihre Inhalte zu transportieren.

Wie werden Sie MATLAB in Ihren Veranstaltungen nutzen?

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Kategorie: Technologie Stichworte: Lehre, Mathematik, MATLAB, Modellierung, Präsentation, Simulation, Simulink, Universität, Vortrag

5. Juli 2013 von Joachim Schlosser 1 Kommentar

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Ich bin glücklich verheiratet, Vater dreier Kinder, Fotograf, bekennender Produktivitäts-Junkie und Getting-Things-Done Anhänger sowie Vortragscoach für meine Mitarbeiter und Kollegen. Über diese Themen schreibe ich auch hier.

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