»Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust«
…schrieb einst Johann Wolfgang von Goethe. »Was, nur zwei? Dutzende!« höre ich Nicola Fritze rufen. Und diese Seelen führen als innere Stimmen einen permanenten Dialog. Da streitet sich der innere Altruist mit dem inneren Egoist darüber, ob und was jetzt abends noch zu tun ist. Oder der Verbieter legt sich mit dem Karriereberater darüber an, wie es weitergehen soll. Und keine dieser Stimmen ist per se schlecht, denn jede möchte uns auf ihre Weise gut tun.
Nicola Fritze, die »Motivationsfrau«, vielen bekannt durch ihre Podcasts »Abenteuer Motivation« und den »Fritze-Blitz« hat kürzlich ihr erstes Buch »Raus aus der Grübelfalle« veröffentlicht. Ich finde, es ist ein echter Fritze geworden, mit Witz, Esprit und Futter zum Nachdenken.
Die verschiedenen Teile unserer Persönlichkeit unterscheiden sich demnach nicht durch ihr Ziel – alle wollen unser bestes – sondern in der Wahl der Wege. Ein gewinnbringender innerer Dialog entsteht laut Fritze dann, wenn wir all diesen Stimmen zunächst wohlwollend begegnen und ihre Bemühungen anerkennen.
Raus aus der Grübelfalle!: Wie Sie Ihre Denkgewohnheiten ändern und Ihre Persönlichkeit gezielt weiterentwickeln
2,98 €
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Nach jedem dieser Dialoge in »Raus aus der Grübelfalle« folgt etwas über eine Seite mit konkreten Handreichungen, meist gegliedert in eine Erläuterung des Verhaltensmuster und einer kurzen Aufzählung mit möglichen Schritten zur Lösung. Da aus den Dialogen ja die Lösungsmuster auch schon erkennbar werden, finde ich diese Handreichungen als Wiederholung und Ergänzung überaus sinnvoll, es sind wirklich Wege »raus aus der Grübelfalle«.
Nicola Fritze hält nicht ganz durch. Nach gut zwei Dritteln wird aus dem kapitelweisen Dialog jeweils zweier innerer Stimmen, in den sich »die Fritze« dann einmischt, öfters nur noch ein Gespräch zwischen Fritze und einer inneren Stimme. Schade, denn ich fand davor die Unterhaltung verschiedener Persönlichkeitsteile eben den Witz des Buches, ohne diese wird es eher eine Belehrung der inneren Stimme.
Schön anzusehen – Typografie
Als jemand, der eher dichte technische Literatur gewohnt ist, die oftmals dementsprechend eng beschriebene Seiten hervorbringt, erschien mir »Raus aus der Grübelfalle« zunächst sehr dünn gesetzt, mit zu viel Platz. Doch beim Lesen selbst erweist sich das Format mit den locker durchschossenen Dialogen als hilfreich, läßt es dem Hirn doch kleine optische Pausen und damit Raum zum Sinnieren und selbst Denken. Jedes Kapitel hat sechs bis acht Seiten und beginnt mit einer eigenen Überschriftsseite ganz untypisch auf der linken Seite (normalerweise setzt man neue Kapitel auf einer rechten Seite). Die Überschriftsseiten sind optisch ansprechend gestaltet mit einem Motto, der eigentlichen Kapitelüberschrift und beinhaltet auch eine thematisch passende Strichzeichnung im Comic-Stil von Christian und Fabian Jeremies. Ich hätte mir dazu eine Numerierung der Kapitel gewünscht, um leichter ein bestimmtes Thema wiederzufinden.
Die Handreichungen sind durch einen leicht grauen Hintergrund optisch abgesetzt und mit dem selben Zielpunkt-Symbol versehen, das auch verwendet wird, wenn sich jeweils das erste mal »Fritze« in den Dialog der inneren Stimmen einmischt.
Am Ende jeden Kapitels steht unter der Überschrift »Noch eine Stimme« ein passendes Zitat von Philosophen, Literaten, Wissenschaftlern und anderen historischen Personen.
Ein hervorrangendes Detail finde ich die den Umschlag, der zwei Klappen zum Herausfalten mit den wichtigsten Grundprinzipien im Umgang mit seinen inneren Stimmen beinhaltet. Eine sehr schöne Idee!
Geschmunzelt habe ich übrigens über die verfrüht beendete Arbeit des Setzers: Finden sich doch auf der Impressumsseite unter dem FSC-Zeichen für die Papiersorte die nicht umgesetzten Anweisungen »((R im Kreis hochgestellt))« und »((kursiv))«.
So finde ich »Raus aus der Grübelfalle« sehr liebevoll gestaltet, und kann mich dennoch des Eindrucks bisweilen nicht erwehren, dass hier aus einer überschaubaren Menge Text ein Buch mit mehr als zweihundert Seiten gemacht werden sollte. Natürlich ist dies eine reine Unterstellung meinerseits, und selbst wenn dem so sein sollte: Es ist schön geworden!
»Fritze« als Mittler zwischen Engelchen und Teufelchen auf der Schulter
»Raus aus der Grübelfalle« liest sich locker an zwei Abenden weg, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass der Textsatz durch die vielen Dialoge sehr locker ist und netto gar nicht so viel Netto-Text auf den brutto 207 Seiten steht. Ich fand’s zunächst unterhaltsam, zumal mir als eifrigen Podcast-Hörer die meisten Inhalte vertraut waren. Do würde es dem Anliegen nicht gerecht, »Raus aus der Grübelfalle« einfach nur wegzulesen.
Eben weil es eine literarisch leicht verdauliche Lektüre ist, kann man »Raus aus der Grübelfalle« ein zweites Mal in die Hand nehmen und nun ganz langsam in den kleinen Kapitelhappen durcharbeiten und sein eigenes Verhalten hinterfragen. »Raus aus der Grübelfalle« wird zum Arbeitsbuch, mit der »Fritze« als Mittler zwischen Engelchen und Teufelchen auf der Schulter.
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