Dr. Joachim Schlosser

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Google zerschlagen = Sandburgen zertrampeln. Besser Netz­neutralität

Das EU-Parlament hat einen Vorstoß auf den Weg gebracht, die Zerschlagung von Google zu fordern. Eine Mehrheit an Parlamentarien fürchtet sich vor der Marktmacht Googles und möchte diese Macht begrenzen.

Kinder, die Sandburgen zertrampeln

Ich kenne das. Aus dem Urlaub. Wir bauen mit den Kindern eine große Sandburg, komplett mit Burgfried, Kapelle, Vorhof, Mauern und einem Wald aus Sand-Bäumen drumherum.

Als wir vom Mittagessen wieder an den Strand kommen, sehe ich gerade noch ein Kind mit seinen Eltern von der Burg weggehen. Sie ist komplett zerstört, niedergetrampelt.

Irgendjemand hielt nicht aus, dass jemand anders etwas großes erschafft, so groß, dass sie es selbst wohl nicht so einfach erschaffen kann.

Es gibt zwei Arten von Kindern.

  1. Kinder, die Sandburgen bauen.
  2. Kinder, die Sandburgen zertrampeln.

Die erste Art von Kindern sitzen versonnen da, und bauen, klopfen. Wenn ein Teil einstürzt, bauen sie ihn wieder auf, nur schöner und größer. Und sie freuen sich, wenn jemand mit baut, geben Anweisungen wenn der Erwachsene »falsch« baut, und nehmen Anregungen auf.

Die zweite Art von Kindern ist die, die im Kinderland im Deutschen Museum sich in die Schaumstoff-Bausteinwerke anderer Kinder fallen lassen. Sie trampeln über Sandburgen oder laufen einfach hindurch, ohne selbst etwas sinnvolles hinzuzufügen. Sie zerstören.

Ich nehme an sie tun das, weil sie das Gefühl nicht kennen, etwas zu erschaffen. Vielleicht können sie auch nichts erschaffen, haben nicht die Vision oder das Durchhaltevermögen, die Arbeit zu investieren.

Zerstörung in der Politik

Nun raten Sie mal, welcher Gruppe von Kindern ich die Europa-Parlamentarier zurechne, die Google zerschlagen wollen?

Noch nie selber etwas auf die Beine gestellt, das größer ist als seine Einzelteile?

Verbiete einfach dem anderen, etwas zu bauen!

Rumgesessen und Angry Birds gespielt, während andere aus einer einfachen Idee ‒ Werbung neben Suchergebnissen verkaufen ‒ mit exzellenter Umsetzung ganze Güterzüge voller Geld verdienen? Und jetzt Angst davor, dass sie dir Angry Birds wegnehmen?

Lass uns einfach ein Gesetz machen, dass der Firma verbietet, unter einem Dach auch noch andere Dinge zu tun.

Geschäftsmodelle verbieten

Da kommen nun also Politiker auf die glorreiche Idee, Google zerschlagen zu wollen, weil sie ja nun nicht mehr nur eine Suchmaschine anböten, sondern eine Shopping-Vergleichsseite, einen Kartendienst, weil sie sich in Sachen Cloud Storage engagieren, Team Collaboration und und und.

Es ginge also nicht an, wenn eine Firma sich diversifiziert und das Geschäftsmodell verändert und neue Bereiche für sich erschließt.

Wenn wir vor einigen Jahrzehnten schon diese Denkweise gehabt hätten, würde Nokia heute noch Gummistiefel bauen.

Mitsubishi in Japan böte nicht sowohl Kühlschränke als auch Autos, Motorräder und Kernkraftwerke an.

Aldi dürfte keine Schneeschaufeln oder CD-Player verkaufen.

Die Telekom dürfte kein Fernsehen anbieten.

Der Bäcker um die Ecke dürfte keine Leberkässemmeln anbieten, der Metzger folgerichtig auch nicht.

Verdrängung in der Wirtschaft

Nun kommt ein wichtiger Unterschied: Auch in der Wirtschaft zerstört oft ein Unternehmen ein anderes, meist jedoch nicht vorsätzlich, sondern als »Kollateralschaden«.

Das ist das, was der Wirtschaftswissenschaftler Schumpeter die kreative zerstörung nannte. Die Zerstörung geschieht durch Ankunft etwas besseren, das das alte verdrängt.

Das heisst, dass auch Kinder, die Sandburgen bauen, sich dafür bisweilen (nicht an einem großen Strand!) Platz schaffen müssen.

Das heisst, dass Unternehmen in ihrem Bestreben, ihr Portfolio zu verbessern und ihre Mission zu erfüllen, in bestehende Märkte eindringen und durch ihr eigenes Wirken dort ansässige Akteure verdrängen.

Was wirklich hilft: Netzneutralität

Teilweise verstehe ich die Sorgen der Europolitiker. Da gibt es einen Konzern, der in politischen Zeitdimensionen »über Nacht« sehr mächtig wurde ‒ auch wenn Google schon seit den Neunzigern existiert. Und nun fürchtet man sich, dass das wirtschaftliche Nachteile für die heimischen Firmen bedeutet.

Schön.

Und das kreativste, was Euch einfällt, ist durch die Sandburg von Google zu trampeln?

Jetzt wird eine Fraktion natürlich laut rufen nach der Gründung eines europäischen Google, was auch immer das sein mag. Weil ja aus staatlichen Mitteln finanzierte Unternehmen gar so effektiv sind, gell? Siehe Toll Collect, Deutsche Bahn, etc.

Unsinn!

Das Bild mit der Googles Sandburg stimmt auch hier. So groß und mächtig diese Sandburg auch erscheinen mag: Es ist eine Sandburg. Sie ist nicht für die Ewigkeit. Niemand ist gehindert daran, eine noch schönere Sandburg zu bauen.

Unter einer Bedingung:

Wenn der Sandkasten oder Strand genügend Platz hat.

Und genau da hat meines Erachtens nach die Politik anzusetzen.

Die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass auch neue Firmen im ehrlichen Wettbewerb sich nach oben arbeiten können und neue Märkte schaffen ‒ genau so wie es Google getan hat.

Was es dazu braucht?

Netzneutralität.

Damit nämlich diese neuen Firmen überhaupt Zugang zum Markt bekommen, ohne gegenüber finanzstarken Unternehmen benachteiligt zu sein.

Netzneutralität, die eben besagt dass kein Paket bevorzugt oder benachteiligt werden darf aufgrund irgendwelcher besonderen Geschäftsmodelle.

Für etwas oder gegen etwas?

Es ist viel leichter immer gegen etwas zu sein, als für etwas.

Gegen eine Sache zu sein ist so leicht wie Sandburgen zertrampeln. Das kriegt jeder hin, genauso wie Gesetze und Vorlagen, die irgendetwas verbieten.

Für eine Sache zu sein ist schwieriger, weil hier Kreativität und systemisches Denken verlangt ist, und außerdem noch Schweiß und Mühen.

Ich verlange von Politikern nur so viel: Seid für etwas! Seid nicht gegen irgendwelche Firmen, sondern setzt Euch für hiesige Märkte ein. Schafft Rahmenbedingungen, die auch in Zukunft ehrlichen Wettbewerb zulassen.

Firmen kommen und vergehen. Auch Google wird vielleicht wieder einmal verglühen, so wie Teile von Nokia, wie die Textilbranche in Deutschland.

So funktioniert die Welt. Es ist ein Kreislauf.

Aber stellt Euch bitte nicht auf eine Stufe mit halbwüchsigen Sandburg-Zertramplern.

Lesenswertes zum Thema

  • EU-Abgeordnete nehmen Suchmaschinen und Clouds ins Visier
  • Roland Tichy: Keine Zerschlagung von Google – die Debatte der neuen Gestrigen
  • Jeff Jarvis: Technoeuropanic
  • Netzpolitik: Netzneutralität
  • Netzpolitik: EU: Parlament fordert Rat erneut auf, sich für Netzneutralität einzusetzen. Wo steht Kommission?
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Kategorie: Kommunikation Stichworte: Angst, Europa, Google, Kinder, Netzneutralität, Netzpolitik, Politik, Technologie, Wirtschaft

28. November 2014 von Joachim Schlosser 1 Kommentar

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Kommentare

  1. Tim meint

    29. November 2014 um 14:44

    Richtig! Guter Artikel!

    Ähnlich sehe ich es derzeit mit Bitcoin:

    – bitcoin/bitcoiners: versuchen etwas zu bauen, das Banken die Macht entzieht

    – buttcoiners: versuchen aus irgendeinem oder keinen Grund einfach etwas schlecht zu reden, anstatt zu helfen es zu verbessern oder eine eigene bessere Alternative zu schaffen

    Antworten

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Ich bin glücklich verheiratet, Vater dreier Kinder, Fotograf, bekennender Produktivitäts-Junkie und Getting-Things-Done Anhänger sowie Vortragscoach für meine Mitarbeiter und Kollegen. Über diese Themen schreibe ich auch hier.

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