Fokus Objektiv

12 Wege zum fokussierten Schreiben

Fast jeder hat bisweilen einen Anlass, etwas zu schreiben. Egal was für eine Art von Schreiber Sie sind, können Sie sich die Tätigkeit »Schreiben« doch so produktiv wie möglich gestalten. Wie so oft kommt es freilich zuallererst auf Ihre Einstellung an. Doch wie Sie Ihre Umgebung aufsetzen, hat einen großen Einfluss.

Wir alle schreiben. Sie schreiben, sonst würden Sie diesen Blog nicht lesen. Aber wie schreiben Sie? Und warum wandern Ihre Gedanken immer ab? Warum bekommt man manchmal etwas zu Papier, und manchmal nicht? Und noch viel interessanter: Wie bekommen wir es hin, eher mehr zu Papier zu bekommen als weniger?

Nehmen Sie die folgenden Hinweise als Inspiration. Bei Ihnen mag es im Detail leicht anders gehen, und doch werden Ihnen diese Tipps mehr Fokus beim Schreiben verschaffen.

  1. Wechseln Sie in die Nur-Text-Ansicht. In LaTeX ist das ganz natürlich, doch auch in WYSIWYMG-(What-you-see-is-what-you-maybe-get) Programmen wie Microsoft Word gibt es die Entwurfsansicht. Auf diese Weise bleiben Sie von Gedanken über Seitenumbruch, Ränder und Umlauf von Grafiken verschont und konzentrieren sich auf Ihre Gedanken zum Inhalt.
  2. Schließen Sie Ihr E-Mail-Programm und schalten jegliche Eingangsbenachrichtigung ab. Schauen Sie nach Post, wenn Sie wollen, nicht wenn das Programm will. In Outlook finden Sie die Einstellungen unter Extras—Optionen—Einstellung—E-Mail-Optionen—Erweiterte E-Mail-Optionen. Entfernen Sie alle Häkchen des Bereichs »Beim Eintreffen neuer Elemente im Posteingang«. Trauen Sie sich. E-Mail ist ein asynchrones Medium. Wenn jemand Sie unbedingt sofort erreichen will, wird er einen Weg finden. Es ist okay.
  3. Schließen Sie alle anderen Programme oder minimieren Sie sie. Je weniger Programme offen sind, desto weniger lenkt ab. Öffnen Sie nur die Quelldokumente, die Sie voraussichtlich öfter zum Nachsehen brauchen. Denn die Suche nach einem Quelldokument lenkt ab.
  4. Blenden Sie Buttonleisten aus wenn möglich. Buttonleisten verführen dazu, ständig auf einen der Knöpfe klicken zu wollen. Und das wiederum führt dazu, dass die Hand von der Tastatur zur Maus oder Trackpad geführt wird. Und das wiederum hält die Hand vom Schreiben ab. Lassen Sie die Hand auf der Tastatur. Das ist Ihre Verbindung zwischen Kopf und Computer. Zumindest so lange es noch keine gute Gedankenschnittstelle gibt.
  5. Beschränken Sie sich beim Formatieren auf Strukturen wie Überschriften, Hervorhebung von Wörtern. Alles andere ist während des Schreibens überflüssig. Ob Calibri, Times oder Arial, schwarz oder blau ist nebensächlich. Nur der Text zählt. Nicht wie die Tabelle aussieht, nicht ob das Zitat einen Rahmen braucht und nicht der Einzug einer Überschrift. In LaTeX erledigen Sie das alles später von zentraler Stelle aus. Auch in Word geht das Dank Formatvorlagen.
  6. Wenden Sie die Methode »Write to the Top« an, um auf eine vernünftige Themendefinition, Aussage und Struktur Ihres Textes zu kommen. Dabei notieren Sie zunächst angestrebte Lesergruppe, Vorwissen, Kernaussage und ähnliches nieder, gehen dann zu einer Stichpunktsammlung über. Diese gruppieren Sie dann, entwerfen Überschriften und sortieren. Erst dann geht es ans Schreiben. Mir persönlich hilft diese Methode sehr.
  7. Einigen hilft Musik, anderen hilft die Stille, wieder anderen hilft das gleichmäßige Rauschen von Gesprächen in einem Café. Bei mir ist das violinarme klassische Musik, New Classics wie Ludovico Einaudi oder Lounge-artiges. Lassen Sie sich von meinen Musik-Empfehlungen inspirieren.
  8. Ein Korbsessel auf einer DachterrasseGehen Sie an einen Ort, der Sie in den Flow bringt. Welche Umgebung auch immer Ihnen gut tut, suchen Sie sie auf. Bevorzugte Orte sind für mich einfach das Arbeitszimmer zu Hause oder Garten in der Dämmerung, die Couch, die erste Klasse im ICE (probieren Sie’s aus: Zugfahren hat viele Vorteile) oder die Dachterrasse eines Hotels. Vielleicht ist es für Sie ein Café oder eine Parkbank. Probieren Sie’s aus.
  9. Wenden Sie die Methode »Getting Things Done« an, um den Kopf frei von anderen anstehenden Aufgaben zu bekommen. Wenn Sie ihr Gewissen nicht ständig an irgendwelche zu erledigten Aufgaben erinnert, sondern Sie diese wohlbehalten in einem System außerhalb des Kopfes aufheben, fällt das Schreiben leichter.
  10. Lernen Sie, blind und mit mindestens sechs Fingern zu tippen. Wer ständig auf die Tastatur schaut, verliert leicht sein Thema aus dem Blick. Krampfhaft zehn Finger zu verwenden hilft auch nichts. Aber lernen Sie zu tippen, ohne auf die Tastatur sehen zu müssen. Besser Sie können sogar den Blick vom Bildschirm abwenden und aus dem Fenster oder zu einer anderen Inspirationsquelle sehen.
  11. Lernen Sie die Tastenkombinationen Ihres Programms anwenden. In LaTeX sollten Sie die wichtigsten Befehle oder die Kürzel Ihres Editors dafür kennen. Im Falle von EMCAS legen Sie sich für die ersten paar Stunden die Referenzkarte daneben. Im Falle von Word sollten Sie wissen, daß Alt-P die Formatvorlagenauswahl ist, der * eine Aufzählung einleitet, und bei fast allen Programmen mit Strg-Pfeiltasten wortweise gesprungen werden kann.
  12. Halten Sie immer einen Zettel für plötzliche Einfälle und Skizzen bereit, gerne auch einen elektronischen. Einfälle, so sie nicht zum momentanen Dokument gehören, müssen so schnell wie möglich raus aus den Gedanken, sollen aber natürlich nicht verloren gehen.

Fokus beim Schreiben ist kein Hexenwerk. Wenn Sie es hinkriegen, Ablenkungen auszublenden und in den Flow zu kommen, geht das Schreiben sehr flott und produktiv.

Wenn Sie erfahren wollen, wie LaTeX Sie schneller zum Ziel einer guten wissenschaftlichen Arbeit bringen kann, dann lesen Sie mein Buch »Wissenschaftliche Arbeiten schreiben mit LaTeX«. Es bringt Ihnen nicht nur den Fokus auf den Inhalt und die Struktur bei, sondern auch alles, was zu einem sauberen und schönen Dokument gehört.

Wenn Sie Markdown oder Word verwenden: keine Ausrede – das funktioniert genauso.

Schreiben Sie was.

Foto: Joachim Schlosser. Lizenz CC-BY-SA.

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