Dr. Joachim Schlosser

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Die Eine Frage für Job-Interviews

Ich mag Job-Interviews. Bieten sie doch eine wunderbare Gelegenheit, sich mit einem Bewerber direkt auszutauschen und voneinander zu lernen, und zu sehen, ob Mensch, Rolle und Firma eventuell zusammen passen könnten. Dafür brauche ich im wesentlichen nur eine einzige Frage.

Ob es gelingt, diese Einschätzung treffen zu können, hängt natürlich vom Gespräch ab.

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Bevor sich Bewerber und ich zum persönlichen Gespräch in den Geschäftsräumen treffen, steht immer ein Telefoninterview voran. Das hat zwei wesentliche Vorteile: Die Bewerberin muss nirgendwo hin fahren, und für mich und meine Kollegen ist es relativ wenig Aufwand.

Ziel des Telefoninterviews ist ja nur ein einziges: Beide Gesprächspartner sollen am Ende entscheiden können, ob man sich zu einem persönlichen Gespräch treffen möchte oder nicht. Beide. Und nur dieses ist das Ziel. Es hilft beiden, wenn wir dieses Ziel so schnell wie möglich erreichen.

Interviewfragen modern

Meine Güte, was gibt es nicht alles an hervorragenden Fragenkatalogen oder noch besser Arten von Fragen. Was sehr weit eingesetzt wird, und auch ziemlich gut funktioniert, sind behavioral based interview questions. Das sind Fragen, die erörtern, wie jemand in der Vergangenheit in realen Situationen reagiert hat. Dadurch erfahre ich, wie jemand gehandelt hat, und wie sie das reflektiert.

Die großen Klassiker der Behavior Based Questions behandeln den Umgang mit Fehlern, mit Erfolgen, mit Konflikten, mit Lernen, und mit Priorisierung.

Daneben gibt es eine ganze Welt an tollen Brainteasern in Job-Interviews, die man nutzen kann, aber nur sollte, wenn man genau weiß, was ich mit genau diesem Brainteaser bezwecken möchte. Ansonsten rate ich davon eher ab.

Interviewfragen klassisch

Die klassischen Interviewfragen in Job-Interviews fordern den Bewerber beispielsweise auf, etwas über den eigenen Lebenslauf zu erzählen. Oder man fragt nach den Stärken und Schwächen.

Alles nicht verkehrt, und besonders bei Stellen, die ein gewisses Storytelling benötigen, mag ich die Frage nach dem Lebenslauf. Zeigt mir die Antwort doch, inwieweit die Kandidatin die Geschichte im eigenen Werdegang hervorzubringen vermag.

Auch hier gilt: Wenn ich genau überlegt habe, warum ich eine Frage stelle, dann können auch diese hier gut funktionieren.

Das Problem

Das Problem ist, dass viele Interviews entweder zu lange sind, oder weder Interviewer noch Kandidat nachher wesentlich weiter sind in der Frage, ob Job zu Bewerber passt und umgekehrt.

Wenn du Führungskraft bist oder im Personalwesen, oder schon Bewerber warst: Wie oft warst du schon in einem Job-Interview und fragtest dich nach einer halben Stunde: Wo führt das eigentlich hin, wenn überhaupt irgendwo?

Wertschätzung im Interview

Wertschätzung im Job-Interview ist für mich auch, verantwortungsvoll mit der Zeit meines Gegenübers umzugehen, und das wiederum bedeutet, auf dem direktesten Weg das Ergebnis des Gesprächs zu produzieren.

Warum also sollte ich einem Bewerber mehrere Stunden seiner Lebenszeit abverlangen, nur um dann am Ende festzustellen, dass die Stelle und sie schon auf sehr grundlegender Ebene noch nicht kompatibel sind?

Fragen nach Fragen

Ich mag Job-Interviews am liebsten, wenn es ein echtes Gespräch wird. Sollte sich ein Interview eher in der klassischen Verteilung ergeben, ist mein Lieblingsteil eines jeden Interviews der, wenn der Kandidat fragt beziehungsweise ich ihm die Gelegenheit für Fragen explizit eröffne.

Über die Fragen, die mir gestellt werden, lerne ich so viel über mein Gegenüber wie kaum sonst.

In einer Phase, in der ich zusätzlich zu den normalen Stellen in meiner Abteilung auch noch zeitbegrenzte externe Dienstleister für Projektaufgaben suchte, hatte ich sehr viele Interviews und davor eben Telefoninterviews.

Der klassische Aufbau brauchte mir zu lange, und so fand ich schließlich…

Die Eine Frage eines Job-Interviews

Wenn der interessanteste Teil eigentlich der ist, in der die Kandidatin Fragen stellt, dann packe ich doch diesen an den Anfang des Gesprächs. Mit der Zeit fand ich heraus, dass ich so sehr rasch in der Lage war, die Passung von Stelle und Kandidat zu evaluieren.

Wie lautet also meine Frage:

Über das, was in der Jobbeschreibung steht, hinaus, was möchten Sie von mir erfahren, um für sich einschätzen zu können, ob die Stelle etwas für Sie ist?

Die Frage hat mehrere Teile und Aspekte.

  1. Über das hinaus: Wie denkt jemand weiter?.
  2. was in der Jobbeschreibung steht: Wie intensiv hat sich der Bewerber mit der Jobanzeige auseinander gesetzt? Fragt sie einfach das, was schon da steht?
  3. was möchten Sie von mir erfahren: Welche anderen Quellen hat die Kandidatin schon genutzt? Inwieweit findet das Gespräch auf Augenhöhe statt?
  4. um für sich einschätzen zu können: Wie analysiert jemand Meinungen und Informationen? Wie kommt jemand zu Entscheidungen?
  5. ob die Stelle etwas für Sie ist: Wie auf Augenhöhe agiert die Bewerberin? Ist ihr bewußt, dass ein Interview für beide Seiten ein abtasten ist? Was möchte jemand? Warum?
  6. , , , , ,: Ich habe einfachere Versionen der Frage ausprobiert, bin jedoch wieder zu dieser geschachtelten Fassung zurückgekehrt. Die Stellen, die ich zu besetzen habe, bedürfen auch der Fähigkeit, komplexere Situationen zu überblicken. Inwieweit kann der Bewerber das, oder was erwartet mich an Coaching?

Das, was ich als Reaktion auf meine Aufforderung an Fragen bekomme oder auch nicht, ist höchst aufschlußreich. Ich erfahre hier eigentlich alles, was ich wissen muss.

Die meisten Gespräche kann ich direkt nach diesem Austausch beenden, der üblicherweise weniger als zwanzig Minuten benötigt.

Bisweilen sind Bewerber überrascht, dass ich zu Beginn keine Standardfragen abfahre, oder dann auch dass das Gespräch schon vorbei ist. Bisweilen sind Bewerber dann auch überrascht, dass wir zu einer gemeinsamen Entscheidung über das weitere Vorgehen kommen, sogar wenn es bedeutet, dass wir nicht weiter machen.

Folgefragen

Das heißt nicht, dass nach meiner Einstiegsfrage das Interview vorbei ist. Das kann der Fall sein, meist geht es noch weiter, und zwar entweder noch am Telefon, oder dann als Teil eines persönlichen Interviews.

Im Gespräch, das sich an die Einstiegsfrage anschließt, verifiziere und falsifiziere ich dann Hypothesen, die ich aufgrund der Fragen aufstelle, die ich vom Bewerber gestellt bekommen habe.

Fragt beispielsweise jemand direkt nach organisatorischem, dann interessiert mich, was dieses Interesse begründet. Fragt mich jemand nach einem typischen Tag, dann interessiert mich, welche Vorstellung sie bislang hat.

Das ist alles Kür, Detailinformation, Bestätigung von bereits wahrgenommenem. Der Dreh- und Angelpunkt des Gespräches ist jedoch eindeutig die Frage. Zu neunzig Prozent kann ich die Entscheidung auf Basis der ersten Frage treffen.

Locker bleiben

Wie interviewst du Menschen für offene Stellen bei dir?

Lasse die anderen Leser ebenso wie mich teilhaben an Deinen Gedanken und kommentiere!

Photo: www.joachimschlosser.de, License Creative Commons Attribution Share-Alike

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Kategorie: Effektivität Stichworte: Bewerbung, Gespräch, Interview, Job, Mitarbeitergewinnung, Recruiting

5. Juli 2018 von Joachim Schlosser Kommentar verfassen

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Ich bin glücklich verheiratet, Vater dreier Kinder, Fotograf, bekennender Produktivitäts-Junkie und Getting-Things-Done Anhänger sowie Vortragscoach für meine Mitarbeiter und Kollegen. Über diese Themen schreibe ich auch hier.

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