Das Ziel ist einfach: Ein leerer Posteingang ‒ Inbox Zero.
Was aber hält Sie davon ab, den Posteingang wirklich leer zu bekommen?
Im vorigen Artikel lasen Sie, wie Sie E-Mails effektiv verwalten in nur 5 Ordnern. Sie lasen, dass viel Energie und Zeit verloren geht beim Einsortieren von E-Mail in großartige Ablagestrukturen und beim späteren Suchen nach E-Mails.
Was ist neben dem Überorganisieren eigentlich das Problem mit eingehenden E-Mails?
Drei grundsätzliche Muster an Schwierigkeiten mit E-Mail im Posteingang treten bei vielen Menschen auf, egal ob privat oder beruflich. Die Schwierigkeiten sind nicht an das berufliche oder private Postfach gebunden, weil sie aus unserem Verhalten entstehen, nicht aus der Art der E-Mail.
Ich beobachte bei mir selbst und bei anderen die folgenden drei Muster:
1. Schwierigkeit der 2-Minuten-Regel
Die 2-Minuten-Regel besagt, dass Sie eine E-Mail im Posteingang gar nicht verschieben brauchen, wenn die komplette Bearbeitung, also lesen und ggf. antworten, in zwei Minuten oder weniger erledigt ist.
Sie werden sich ‒ ebenso wie ich ‒ immer wieder bei der 2-Minuten-Regel verschätzen.
Sie nehmen an eine Bearbeitung einer bestimmten Mail würde weniger als 2 Minuten in Anspruch nehmen, doch dann stellt sich heraus, dass doch noch etwas nachzusehen ist, bevor Sie den Satz zur Antwort schreiben. Wenn es ein Trigger für ein Telefonat ist, haben Sie vielleicht die Telefonnummer nicht zur Hand.
Das ist okay.
Nur hören Sie dann nach knapp unter 2 Minuten auch tatsächlich auf, erstellen eine Aufgabe aus der Mail und gehen zur nächsten über. Ansonsten verzetteln Sie sich und kommen mit dem Posteingang nicht durch.
Am Anfang mag Ihnen eine deutlich sichtbare Uhr auf dem Bildschirm oder sogar eine Stoppuhr helfen. Suchen Sie nicht lange, jedes Smartphone hat eine Countdown-Funktion in der Uhr-App.
2. Schwierigkeit der Entscheidung
Wenn Sie Ihr E-Mail-System schon mit den 5 Ordnern eingerichtet haben, dann brauchen Sie sich ja nicht mehr Gedanken machen, in welchen thematischen Kontext Sie die E-Mail einsortieren sollen.
Doch die brennende Frage aus obigem Prozess ist: Was mache ich mit der E-Mail? Was ist die nächste Handlung, die nächste ganz konkrete Aktion?
Je eher Sie diese Frage beantworten, desto schneller sind Sie mit dem Posteingang durch.
Letztendlich gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten:
- Nicht lesen, gleich löschen
- Lesen, dann löschen
- Lesen, dann ablegen, aber nichts weiter tun
- Antworten
- Eine Aktion außerhalb des E-Mail-Programms tun.
Die erste Kategorie ‒ nicht lesen, gleich löschen ‒ kann sehr viele E-Mails treffen. Melden Sie sich von überflüssigen Newslettern ab, und nutzen Sie für irrelevante Unterhaltungen den Ignorieren-Knopf Ihres Mailprogramms.
Kategorie b) und c) sind in der Regel auch einfach zu beantworten. Falls Sie jemand sind, der ungern E-Mails löscht, dann legen Sie eben etwas mehr ab. Nur halten Sie sich nicht mit der Frage auf, ob löschen oder ablegen. Machen Sie einfach.
Die Unterscheidung zwischen Kategorie d) Antworten und e) Aktion ist manchmal gar nicht so leicht. Was, wenn Sie erst etwas recherchieren müssen, bevor Sie antworten können? Zunächst jemand anderes kontaktieren?
Das ist dann kein Fall für den Antworten-Ordner, sondern eine Aktion außerhalb von E-Mail.
Erstellen Sie aus der E-Mail eine Aufgabe. In Outlook ziehen Sie die E-Mail auf den Aufgaben-Ordner, um eine neue Aufgabe zu erstellen, deren Betreff Sie natürlich als Aktion umschreiben (»Suche Unterlage XY heraus und fülle die aktuellen Daten ein«) und im korrekten Kontext ablegen. In jedem anderen E-Mail- und Aufgabensystem haben Sie hoffentlich ebenfalls eine Möglichkeit, direkt aus einer E-Mail eine Aufgabe zu erstellen. In vielen Systemen leiten Sie dazu die E-Mail an eine spezielle E-Mail-Adresse weiter und können davor wiederum den Betreff anpassen.
Legen Sie dann die E-Mail im Ordner Referenzmaterial ab.
In den Ordner Antworten kommt eine E-Mail nur dann, wenn Sie direkt zu schreiben anfangen könnten und nichts sonst brauchen, wenn alles nötige zur Beantwortung in der eingegangenen E-Mail enthalten ist.
Ivan Blatter nennt dies das LAHA-Prinzip.
3. Schwierigkeit des Löschens
Es wird zu Beginn für Sie schwierig erscheinen, E-Mails flott zu löschen. Gewöhnen Sie sich daran und machen keinen Aufstand daraus.
In den wenigsten Organisationen brauchen Sie permanent Ihren Hintern abzusichern und Dossiers zu erstellen.
Die Frage ob ablegen oder löschen ist letztendlich die Frage »Werde ich die Information in dieser E-Mail wahrscheinlich noch einmal brauchen?«
Die Antwort auf diese Frage ist ganz individuell. Wenn Sie eher der Mensch sind, der sagen können will »aber das hat der und der geschrieben, ich kann nix dafür«, werden Sie mehr E-Mail aufheben wollen. Wenn Sie eher der Mensch sind, der sagt »das war wohl mein Fehler, lass uns das beheben«, dann brauchen Sie eher weniger E-Mail behalten.
Klar, in manchen Organisationen sind Sie verpflichtet, viele Vorgänge zu archivieren, und oft haben Sie E-Mails von Kunden schon im CRM-System und brauchen sich über Ablage keine Gedanken machen.
Aber was ist mir der ganzen internen Korrespondenz mit Kollegen? Ist die wirklich so bewahrenswert? Oder kann nicht das meiste weg, wenn der Vorgang abgeschlossen, die Nachricht beantwortet oder die entsprechende Aktion ausgeführt ist?
Trauen Sie sich. Es passiert nichts. Löschen Sie. Sie werden feststellen, dass Sie fast nie in den virtuellen Papierkorb abtauchen müssen.
Ziel: Leerer Posteingang ‒ Inbox Zero
Warum um Himmels willen ist denn das Ziel überhaupt der leere Posteingang?
Ist das nicht Selbstzweck?
Nein.
Ein leerer Posteingang hat dieselbe fokussierende Wirkung wie ein aufgeräumter Schreibtisch.
Was sind für Sie die größten Schwierigkeiten beim Bearbeiten eingehender E-Mail?
Lassen Sie die anderen Leser ebenso wie mich teilhaben an Ihren Gedanken und kommentieren Sie unten.
Photo: Sebastien Wiertz on Flickr, License Creative Commons Attribution
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