Corona-Krise als Beschleuniger der Digitalisierung: 8+1 Wege

Eine Situation, wie wir sie im Frühjahr 2020 haben, ist zumindest für unsere Generation neu. Es gibt viele Menschen, die durch die Corona/COVID-19-Krise stark betroffen sind, und zwar nicht nur die unmittelbar erkrankten Menschen und gegebenenfalls Angehörige von Menschen mit besonders schwerem Verlauf, sondern alle, die etwa im Medizinsektor, im Verkauf und in der Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens arbeiten, sondern auch diejenigen, die in irgendeiner Art von Produktion arbeiten, die vielleicht sogar gerade geschlossen ist.

Dieser Beitrag jedoch ist für alle anderen. Diejenigen, die normalerweise im Büro arbeiten, die ihre Arbeitstage am Computer und in Besprechungen verbringen, und die nun wegen Corona den Weg ins Homeoffice angetreten haben.

Denn ich glaube, dass diese Krise genau das ist, was uns in Deutschland endlich in Sachen Digitalisierung voran bringen kann.

An English version of this post is available here.

Dieser Post ist mein Beitrag zu Marcus Raitners Blogparade #remoteworks. Einfach mal zu ihm überschauen, was er und weitere Blogparadisten zum Thema schrieben.

Disclaimer

Ich schreibe diesen Beitrag aus einer – und das ist mir bewusst – sehr privilegierten Lage, von zu Hause aus arbeiten zu können in einer Firma, in der es auch und gerade jetzt genug zu tun gibt. Das geht vielen anders, seien es produzierende Gewerbe, alle Arten von künstlerischen Gewerben.

Auch ist meine Lage privilegiert, weil wir eben kein Einzelhandel sind, weil wir nicht an vorderster medizinischer Front sind, und weil zumindest in meinem beruflichen Umfeld keiner spezielle Hardware für die Arbeit benötigt. Mir ist bewusst, dass gerade Menschen sterben, und ich dennoch das Positive an der Gesamtlage sehe. Das hat mit Zynisch nichts zu tun, sondern mit Pragmatismus.

Wenn Sie das hier also lesen und diese Gegebenheiten gar nicht oder nicht vollständig auf Sie zutreffen, seien Sie bitte nicht böse. Es ist trotzdem was für Sie drin, wenn Sie auch nur den geringsten Anteil an Bürotätigkeiten in Ihrem Beruf oder Ihrer Branche haben.

Nerd Times

Ich weiß nicht, für wie viele Informatiker und Nerds ich spreche, doch habe ich ganz stark das Gefühl, dass meine bevorzugte Art zu arbeiten in den vergangenen Wochen zum Standard erhoben wurde, zumindest temporären.

Die Corona-Krise macht den Arbeitsmodus von Nerds zum Standard: Online und verteilt.

Dr. Joachim Schlosser

Ganz ehrlich: Es ist prächtig. Das Ganze wirkt auf mich wie ein Befreiungsschlag, eine Vielzahl von Besprechungen deutlich straffer durchziehen zu können auch als Nur-Teilnehmer. Es ist wunderbar, wenn Kollegen und Kunden plötzlich viel offener sind, einen Video-Anruf anzunehmen und sogar selbst vorzuschlagen. Es ist ganz wunderbar, wenn der Informations- und Datenaustausch statt per E-Mail verstärkt eben auf andere Weise wie unten beschrieben geschieht. Es ist wunderbar, wenn mehr Kollegen firmenintern bloggen und sich zusammentun.

Denn gerade wenn die Organisation ohnehin über mehr als einen Standort verteilt ist, dann profitieren alle davon, wenn auch der größte Standort weitgehend im Homeoffice ist und alle dortigen Kollegen selbst erfahren, wie es ist, eben nicht physisch „da“ zu sein.

Selbst in der Schule tun sich gerade viele neue Ansätze auf. Klar, das rumpelt alles und im Moment noch sind diejenigen Schüler benachteiligt, die zu Hause wenig oder keine Unterstützung in Sachen Computerbenutzung erfahren, aber das wird werden.

Vieles wird nach der Krise wieder verschwinden, wenn die Menschen wieder im Büro zusammen hocken. Das heißt nach Kahneman „Regression to Mean“, also das Zurückschwingen des Pendels. Ein bisschen jedoch wird bleiben.

Gestärkt durch den tatsächlichen Bedarf

Im Folgenden lesen Sie 8+1 Wege, wie Sie ganz persönlich und Ihre Abteilung oder Ihre Organisation oder Ihre Firma digital gestärkt aus dieser Zeit hervor gehen können. Gestärkt heißt hierbei in erster Linie resilient im Sinne von ereignissicher und zukunftssicher. Können Sie und Ihre Organisation mit mehr Arten von unerwarteten Ereignissen umgehen, ist dies ein Wettbewerbsvorteil.

Homeoffice, das ist für manche ein Zimmer mit Schreibtisch und Türe zum zumachen, für andere ein frei geräumter Platz am Küchentisch. Das muss uns immer bewusst sein: Nicht alle haben zu Hause ideale Büro-Arbeitsbedingungen. Bei anderen wiederum sind die Bedingungen sogar besser als im Büro.

Büro-Tätigkeiten und Ablage

Bei der Frage, ob für einen bestimmten Job überhaupt Homeoffice möglich ist, begegnet mir ein Einwand ziemlich oft: „Das geht bei uns nicht, ich brauch doch meine Akten!“

Genau hier liegt das Problem: Einzig auf Papier verfügbare Information. Das muss jedoch nicht sein. Im Privaten praktiziere ich schon seit Jahren die Papierlose Digitale Ablage, dank derer ich egal, wo ich bin, auf sämtliche Korrespondenz und Akten zugreifen kann. Im Job habe ich genau einen physischen Ordner, in dem etwa fünf Blätter eingelocht sind, und im vorigen Job waren es auch nicht mehr.

Ja, es mag so aussehen als sei jetzt nicht der richtige Moment, um mit der Digitalisierung von Akten zu beginnen, doch vielleicht ist es gerade eben jetzt genau der richtige Zeitpunkt.

Klar, in einer Abteilung, egal ob Personalwesen, Einkauf, Buchhaltung und so weiter ist die Digitalisierung von Akten nichts, was eine allein mal eben so konzipiert und macht, denn allein das Machen wird ist für jeden Regalmeter schon eine ziemliche Aufgabe.

Die eine Frage ist also mit Sicherheit die:

Wie können wir die existierenden Akten durchsuchbar und rechtssicher scannen und ablegen?

Ihre Organisation ist nicht die erste, die sich diese Frage stellt, dafür gibt es Dokument-Management-Systeme (DMS) und Dienstleister, die das Scannen und die Ablage initial übernehmen können.

Die viel weitergehende Frage, die Sie eben auch gerade jetzt angehen können, ist:

Wie kann ich meinen Prozess so gestalten, dass ich gar kein Papier mehr verlange oder erzeuge?

Machen Sie sich jetzt Gedanken dazu und sprechen miteinander, und probieren Dinge aus. Für viele Änderungen brauche ich auch erst einmal keine großen Neu-Implementierung von betrieblichen Informationssystemen, sondern nur ein Anerkennen, dass Unterschriften auch auf anderem Wege als mit dem Stift erfolgen können, und viel mehr, dass Unterschriften in vielen Fällen einfach überflüssig sind.

E-Mail-reduziertes Arbeiten

„Soll ich dann jetzt alles per E-Mail machen oder was?“

Mitnichten. Das erste Schlossersche Gesetz für Abläufe lautet:

Jeder E-Mail-basierte Prozess bricht. Die Frage ist nicht ob, die Frage ist lediglich wann.

Das gilt sowohl für alle Arten von betrieblichen Prozessen, als auch für jegliche Art der Zusammenarbeit.

Ich mag E-Mail, für all das, wo E-Mail gut ist. Für intensive Zusammenarbeit ist E-Mail jedoch anderen Wegen deutlich unterlegen – siehe nachfolgende Abschnitte. Für sich wiederholende Prozesse, Abstimmungen, Abläufe ist E-Mail stets falsch. Das Herumreichen von PDF-Formularen als E-Mail-Anhang ist kein digitaler Prozess, sondern der althergebrachte Umlauf, nur umständlicher.

Die Fähigkeit, mit E-Mails auch in großen Mengen umgehen zu können, ist und bleibt wichtig. Unter anderem in meinen Posts 5 E-Mail-Ordner im Posteingang genügen und Wo E-Mails ablegen? Entscheidungen reduzieren. Leserfragen können Sie nachlesen, wie ich das mache.

Jedes Mal, wenn Sie einer Kollegin ein Dokument als E-Mail-Anhang schicken, dann ist dies Ausdruck einer fehlenden sauberen gemeinsamen Ablage. Denn wenn die Kollegin das Dokument braucht, dann sollte es ja einen ordentlichen Ort auf irgendeinem Server dafür geben. Kann sie dort nicht zugreifen, dann stimmt die Zugriffsstruktur nicht, wenn sie es doch braucht.

Besprechungen a.k.a. Meetings

In allen Firmen sitzen Menschen, die nicht in der Produktion oder sonstigen manuellen Wertschöpfung tätig sind, täglich viele Stunden in Besprechungen und besprechen scheinbar besprechungswürdige Themen, vertagen sich, besprechen es nochmal.

Diese Krise bietet die ganz große Chance, das zu ändern. Schon vor zwei Wochen oder mehr erließen viele Unternehmen die Regelung, dass auf physische Besprechungen verzichtet werden solle, und nur noch geschäftskritische Besprechungen erfolgen sollen. Ja wäre das nicht allgemein eine gute Idee, nur geschäftskritische Besprechungen durchzuführen, und den ganzen Rest an Besprechungen entweder sein zu lassen oder zumindest anders zum Ergebnis zu kommen?

Marcus Raitner schreibt ganz richtig in seinem Beitrag Videokonferenzen sind auch keine Lösung.: „Räumlich verteilte Zusammenarbeit muss auch und zuerst bedeuten, schriftlich und asynchron zu kommunizieren.“

Es gibt in Unternehmen zu viele überflüssige Besprechungen, vor allem zu viele inhaltlose oder mangelhaft vorbereitete Besprechungen.

“Yet another meeting that should have been an email.”

Die gegenwärtige Situation bietet die Gelegenheit, viele dieser Meetings los zu werden. Nehmen Sie den Einladenden mal virtuell zur Seite und fragen, ob es wegen der Menge der Online-Besprechungen derzeit nicht möglich wäre, die Informationen auf anderem Wege zu verteilen. Vielleicht schriftlich, dann aber bitte nicht per E-Mail schicken, oder er nimmt ein kurzes Video auf.

Was für Online-Meetings tatsächlich schwerer ist als für reale: In physischen Besprechungen, bei denen alle in einem Raum sind, taten Sie sich leichter, ohne Vorbereitung rein zu gehen. Notfalls hat man ein Whiteboard und zimmert etwas zusammen, oder es präsentiert sowieso jemand was. Siehe dazu übrigens auch „Denken in Folien vs. Dokument vs. Skizze: Mein Konzept kommt nicht aus PowerPoint“. Allzu schnell vergisst man, dass auch hier jede Zeit, die man damit zubringt, den Computer an den Projektor anzuschließen, für alle Teilnehmer verlorene Zeit ist.

In Video-Besprechungen wird mangelhafte inhaltliche und technische Vorbereitung jedoch sehr viel schneller Evident. Wenn Sie sich hier nicht vorher Gedanken gemacht haben, wie Sie während der Besprechung auf die Agenda schauen und wie sie die Ergebnisse für alle sichtbar dokumentieren, und vor allem auf welche Weise Diskussionen stattfinden sollen, dann fällt die sehr schnell allen Beteiligten auf.

Es wird also nicht ausbleiben, dass Sie sich mit dem genauen Prozedere und der Technik beschäftigen müssen. „Ich konnte das Skype-Meeting nicht starten“ ist in 2020 nicht mehr akzeptabel.

Zusammenarbeit im Team

Ihr Werkzeugkasten an Zusammenarbeit sollte also nicht nur E-Mail umfassen. Telefon? Ist gut. Fürs Homeoffice bringt Sie das freilich nur dann weiter, wenn Ihre Organisation soweit ist, das Telefon auf den Computer zu bringen. Dies kann sein als explizites Soft-Phone, also ein Programm, das sich mit dem Telefon-Server verbindet und tatsächlich nur telefonieren kann, oder im Rahmen einer allgemeinen Kommunikationssoftware wie Microsoft Skype.

Es geht jedoch noch viel, viel weiter. Ich schreibe selbst auch E-Mails, und ich führe auch Online-Besprechungen durch. Die Frage ist doch: Wie kann ich auch ohne E-Mail und ohne Online-Besprechung etwas klären und weitergeben?

Viele Firmen haben Atlassian Confluence am Laufen, nutzen aber nur tief verästelte Webseitenbäume. Viele Firmen haben Microsoft Office 365 am Laufen, nutzen aber nur die Werkzeuge, die sie schon immer genutzt haben, also Word, Excel, PowerPoint und Outlook. Dabei gibt es in allen Plattformen einige Tools, die die Zusammenarbeit über Ortsgrenzen hinweg erheblich erleichtern und verbessern können.

Das wiederum muss man lernen und auch lernen wollen. Siehe dazu auch mein Post Der Schreiner und die Software. Professionalität beginnt beim Werkzeug.

MS Teams für viele Arten von Interaktion

MS Teams ist nicht einfach nur ein Messenger wie Skype, sondern dank des Gruppen-Konzepts wirklich ein Ort für die konstante Zusammenarbeit mit Kollegen. In so genannten Channels, also thematischen Kanälen, lässt sich chatten, online-besprechen, zusammen an Dokumenten schreiben, und vieles mehr.

MS Teams sitzt als App – egal ob auf dem lokalen PC oder einem Smartphone – quasi als Benutzeroberfläche auf dem Datenspeicher SharePoint und anderen Office365-Tools.

Während eine normale in Outlook angesetzte Besprechung immer nur in den Kalendern der eingeladenen Personen existiert, ist eine Besprechung in einem MS Teams Channel eben diesem zugeordnet, so dass auf einfache Weise alle in dem Kanal Bescheid wissen, dass da was kommt, und zwar auch Personen, die erst später zu dem Kanal hinzukommen. Das unsägliche Weiterleiten von Besprechungen an neue Teammitglieder entfällt damit.

MS Teams ersetzt keine vernünftige Struktur zur Datenablage, aber kann helfen, mit einer solchen Struktur leichter umzugehen.

MS Teams hat außerdem das Zeug, einen Großteil der unternehmensinternen E-Mails zu ersetzen, mindestens die, die an mehrere Personen adressiert sind. Denn üblicherweise sind die Empfänger alle in der gleichen Organisationseinheit oder im gleichen Produkt oder im gleichen Projekt, haben also einen logischen Zusammenhalt. Genau dieser logische Zusammenhalt sollte über Teams abgebildet werden, so dass für neue Teammitglieder nicht alte E-Mails rausgekramt werden müssen, sondern die Historie einfach im MS Teams Channel vorliegt.

SharePoint und OneDrive für gemeinsames Editieren

Wenn mehrere Personen gemeinsam erstellen müssen oder wollen, übertreffen die Tool-Funktionen von MS Office in Verbindung mit SharePoint/OneDrive in allen Fällen den üblichen Design by Committee Workflow, bei dem jeder auf einen Videobildschirm starrt und eine Person tippen muss.

Ganz anders, alle Leute öffnen die Datei vom Server (ohne Herunterladen) und können die Bearbeitungen anderer Personen fast in Echtzeit sehen. Dies macht es sehr einfach, an verschiedenen Abschnitten einer Präsentation, einer Tabelle oder eines Dokuments zu arbeiten, aber auch die Bearbeitungen der anderen zu ergänzen und zu kommentieren. Probieren Sie es einfach aus. Es erfordert ein wenig Eingewöhnung, und ein Audiokanal kann manchmal auch nützlich sein, aber so oder so läuft die Zusammenarbeit in verschiedenen Szenarien gut.

Confluence als Enterprise Information Hub

Atlassian Confluence kann so viel mehr als nur Intranet-Seiten anzeigen. Klar, das auch, doch schon allein die Möglichkeit, Kommentare und vor allem Inline-Kommentare auf alle Arten von Seiten anzulegen, ist gut.

Besonders die Inline-Kommentare haben es mir angetan. Ich markiere einen Satz oder ein paar Wörter auf einer Confluence-Seite, und schon bietet mit der Browser an, für genau diesen Abschnitt einen Kommentar zu hinterlegen. Jeder andere sieht also gleich, worauf sich meine Anmerkung bezieht, ohne das lange angeben zu müssen.

Auch hat Confluence eine Blogging-Funktionalität, mit deren Hilfe fortlaufende Erkenntnisse abgelegt werden können, die nicht unbedingt direkt Eingang in die Seitenstruktur finden müssen. Das hat vor allem den Vorteil, dass sich Erfahrungen wunderbar von normativen Anleitungen trennen lassen und auch relativ ungeschliffene Erkenntnisse allen zu Gute kommen. Unternehmensinternes Bloggen also durchaus und unbedingt im Sinne eines „hier, das habe ich rausgefunden, möge es jemandem nutzen,” immer mit der Möglichkeit, dass sich dann jemand meldet und eine bessere Lösung dazu gibt.

Dabei kann ich auch noch jederzeit Personen erwähnen, in dem ich das @ Zeichen tippe. Diese werden dann über meinen Beitrag benachrichtigt.

Virtuelles Whiteboard

Viele gute Ideen kommen zustande, weil wenige (!) Menschen zusammen am Whiteboard stehen und schnell mal was aufmalen. Trennt man die Menschen räumlich voneinander, haben sie die Befürchtung, das gingen nun gar nicht mehr. Tut es aber. Es gibt virtuelle Whiteboards.

Eines beispielsweise wieder in der Office 365 Umgebung, wobei dieses wirklich sehr beschränkt in den Funktionalitäten ist und nur mit einem Touchscreen-Gerät wie einem Tablet-Computer oder noch besser einem großen TouchscreenFernseher wirklich gut zu bedienen ist.

Mehr Power bieten Tools wie Miro oder Mural, die extra kosten, dafür aber alles können, was Whiteboards und Klebezettel vermögen und noch viel mehr. Mit Miro können Sie auch erstmal gratis und ganz klein starten zum Ausprobieren.

„Kann ich nicht“ ist keine Ausrede. Ich kann eine Software, die ich noch nicht bedient habe, auch nicht auswendig und in allen Facetten bedienen. Aber ich nehme mir halt ein paar Minuten Zeit, herauszufinden, was die Software mir helfen kann und wie das geht.

Informationsverteilung per Video

Viele Besprechungen dienen ja leider dazu, irgendetwas vorzustellen oder vorzutragen, das entweder einfach schriftlich kommuniziert gereicht hätte, oder aber Dinge zu erklären, ohne dass währenddessen Rückfragen erwünscht wären. Für letzteres sind Videos das passendere Format, weil zum Ansehen des Videos eben nicht mehrere Teammitgliedern synchron zur selben Zeit irgendwo eingewählt sein müssen.

Nehmen Sie also Videos auf, vor allem von dem, was Sie normalerweise live präsentieren würden. Microsoft PowerPoint kann auch ohne extra Software Videos Ihrer Präsentation aufnehmen, inklusive angeschlossener Webcam und natürlich mit Audio. Also setzen Sie ihr Headset auf und los geht’s. Nur keine Scheu, die anderen können es meist auch nicht bessern, sondern sind Ihnen dankbar, wenn Sie schonmal los legen. Denken Sie aber dran: PowerPoint ist nicht zum Dokumentieren da, das Intranet schon.

Wenn es besser werden soll, gibt es dafür reichhaltig Software, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Und nochmal: Es geht hier nicht um geschleckte Hochglanzvideos für die Ewigkeit, sondern um Videos für die Zusammenarbeit.

Sowohl in Confluence als auch Office 365 lassen sich diese Videos hochladen und einbinden.

In Confluence laden Sie zu Ihrem Blogpost oder auf die Seite das Video einfach als Datei hoch, je nach Videoformat zeigt Confluence dies dann direkt zum Abspielen an oder Sie müssen das MediaPlayer-Element auswählen.

In Office 365 gibt es eine eigene Video-Plattform, die als eine Art firmeninternes YouTube dient. Gehen Sie einfach auf Ihre office.com Startseite und wählen dann Video, das Symbol mit dem weißem V auf blauem Hintergrund. Auch hier gilt wieder: Das alles beißt nicht. Legen Sie einen Kanal an und los geht’s.

…und vieles mehr

Nicht alles, aber die meisten Dinge, die Sie an der Zusammenarbeit mit Menschen entweder schätzen oder einfach für unabdingbar halten, lassen sich auch virtuell durchführen, entweder synchron, oder zeitlich entkoppelt, so dass die Zusammenarbeit sogar produktiver wird als ständig sich am Schreibtisch zu stören.

Finden Sie in Ihrer eigenen Organisation die Leute, die immer einen Weg finden, und fragen sie die. Ein „geht nicht“ ist meist eher ein „will nicht“ oder ein „weiß nicht.“

Denn all das, was ich in den vorangegangenen Abschnitten beschrieb, funktioniert natürlich auch über Unternehmensgrenzen hinweg, wenn man wirklich will und die IT-Abteilungen beider Organisationen mit einbezieht. Auch hier gilt wieder: Ein „geht nicht“ ist meist eher ein „will nicht“ oder ein „weiß nicht“ oder ein „ist Aufwand.“ Ist Ihr geschäftlicher Bedarf gegeben, werden Sie das ändern können.

Online-Stammtisch und Online-Workout

Wir haben vergangenen Freitag Abend in unserer Augsburger Fotografen-Runde den ersten Online-Stammtisch komplett per Video durchgeführt, mit bis zu 25 Teilnehmern. Es hat gewackelt, es hat geruckelt, aber alle waren mit Freude und Eifer dabei, auch diejenigen, die nicht unbedingt so online-affin sind. Am Sonntag schon hatten wir den viel kleineren zweiten Online-Stammtisch, nur zum Ausprobieren einer anderen Software, diesmal mit kommerzieller Software Zoom statt Open Source Jitsi.

Die Turn-Gruppe meines Sohnes traf sich am Montag in einem Skype-Gruppenanruf zum Krafttraining. Alle mit Video, und los ging’s. Nach ein paar Minuten des an die Technik Gewöhnens ging es los und die Jungs gaben 45 Minuten lang alles.

Meine jüngste Tochter spielte heute mit ihrer Oma über Facetime ein Kniffel-Würfelspiel. Auf jeder Seite der Verbindung ein Würfelbecher, und doch gemeinsam gespielt.

Das waren nur einige Beispiele, wie sich auch ohne räumliches Treffen so einiges machen lässt, und das im privaten Bereich. Es geht beinahe alles, wenn Sie nur wollen.

Working out Loud als tatsächliches Zusammenarbeiten

Working out Loud mag als Begriff einer netten 12-maligen Runde von Menschen zu einem bestimmten persönlichen Zweck sein. Für mich ist Working out Loud eine Art zu arbeiten: Indem ich andere Teil haben lasse an dem, was ich arbeite und wie ich arbeite. Indem ich Fundstücke teile, indem ich persönliche Methoden und Gedanken zusammenschreibe, indem ich hinschaue auf das, was wir als Gruppe und wir als Organisation überhaupt machen und wie wir es machen und dann meinen Senf dazu gebe, wie wir es besser machen können.

Working out Loud ist für mich das unbändige Interesse an der Art, wie wir arbeiten. Unser aller Wertschöpfung kann so viel besser werden, wenn wir uns nicht nur über die Inhalte der Arbeit austauschen, sondern auch eben über das Wie und Wieso der Arbeit.

Lösungen finden

Menschen finden Lösungen. Das zeichnet uns als Art ja aus: Wir sind als Menschen deshalb so erfolgreich, weil wir anpassungsfähig sind und zusammenarbeiten.

In Zeiten von Corona-Lockdowns ist dies für noch laufende büroartige Organisationen wichtiger denn je.

Lesestoff

  1. Lobo, Sascha, und Verlag Kiepenheuer & Witsch. Realitätsschock: Zehn Lehren aus der Gegenwart, 2019. Siehe auch meine Rezension zu Realitätsschock.
  2. Vollmer, Lars. Zurück an die Arbeit! wie aus Business-Theatern wieder echte Unternehmen werden. Wien: Linde international, 2016. Siehe auch meine Rezension zu Zurück an die Arbeit.
  3. Kahneman, Daniel. Thinking, Fast and Slow. London: Penguin Books, 2012. Siehe auch meine Rezension zu Schnelles Denken, langsames Denken.
  4. Schulungsmaterial MS Teams
  5. Confluence Documentation
  6. Miro Documentation
  7. Mural Video Tutorials

Photos: www.joachimschlosser.de

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Kommentare

Eine Antwort zu „Corona-Krise als Beschleuniger der Digitalisierung: 8+1 Wege“

  1. Sehr schöne Gedanken! Ich sehe die gegenwärtige Situation auch vor allem als Chance, neue digitale Möglichkeiten auszuprobieren. Auch, weil es gegenwärtig nur diesen Weg zu meinen Schülern gibt. Neben der Bereitschaft für Neues bei allen meinen Partner habe ich mehr Zeit zur Umsetzung, ich spare 90 Minuten Fahrzeit täglich.
    Besonders hat mir auch der Abschnitt zu den Meetings gefallen (warum gibt es geschäftsunkritische Meetings?).
    Ich bin sehr auf die kommenden Wochen gespannt!
    Bleibt aber alle dabei gesund!!!

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