Mix aus unnötig und fehlend

Blogger Relations: 5 Fehler beim Vorstellen von Unternehmen und Produkt

Was kann man alles beim Vorstellen des eigenen Unternehmens und Produkt verkehrt machen, wenn man einem Blogger eine Anfrage schickt, ob dieser wohl das eigene Produkt besprechen möchte?

Erst vergangene Woche erhielt ich wieder eine solche Email. Bislang sprach mich noch keine einzige Anfrage wirklich effektiv an, und so lehnte ich auch diese dankend ab.

Die Mail eines Mitarbeiters einer amerikanischen Firma war nicht unhöflich. Soweit alles korrekt. Die Anfrage muss durch meinen Artikel über das schnelle Absagen von Besprechungen in Outlook mittels VBA-Skript verursacht worden sein, denn aus diesem Technologieumfeld kam die Anfrage.

Nachdem ich sowohl hier blogge, als auch beruflich stellenweise PR-Aufgaben übernehme und Interviews gebe, Hintergrundgespräche führe und Artikel schreibe, teile ich mit Ihnen, was mir an der konkreten Anfrage auffiel.

Wie den Blogger ansprechen?

I recently stumbled upon your website through Google Search and found it quite fascinating based on the collection of useful information published on it.

Gut, das ist zwar zweifellos ein Baustein, aber eigentlich ganz in Ordnung. Als Nicht-Muttersprachler erscheint mir die zweite Satzhälfte etwas gestelzt. Den Satz kann ich jedem Blogger zuschicken, er passt immer genau so gut oder schlecht.

Wie über das eigene Unternehmen sprechen?

Generell: Vorsicht mit Adjektiven. Adjektive gehen oft daneben.

I am Technical Expert from (company) which ranks as a renowned brand for supplying software solutions in the arena of (field description).

(Hervorhebung von mir)

Mir stach sofort das Wort renowned in Auge, zu deutsch renommiert, ausgezeichnet, berühmt. Würde ich eher nicht über eine Firma schreiben, für die ich selbst arbeite, das finde ich anmaßend. Über dritte gerne, aber quasi über mich? Wenn, dann nur als Zitat von dritten.

About (company): (company) got established in the year (year) with the prime motive of providing (field) solutions to worldwide users. Now with sheer hard-work and advanced technical inputs it has become one of the largest and fastest growing companies in the IT Industry. We have around 50 K satisfied customers across 80 countries and have 150+ range of products to fulfill user requirements. We also have trusted partners like; Amazon and are the respectable members of SEAP, MCCIA, NASSCOM and ERDM.

(Hervorhebungen von mir)

Ach Herrje, wo fange ich da an? Da stimmt leider gar nichts. Wenn Sie von jemandem etwas wollen, geben Sie ihm dann erst einmal Ihren Lebenslauf?

Was möchte mir der Autor dieser Mail mit dem Hinweis auf sheer hard-work sagen? Dass eine Firma ohne Anstrengung erfolgreich wird, kommt eher selten vor. Und was sind advanced technical inputs? Ich bin jetzt seit fünfzehn Jahren im Geschäft und verstehe leider nicht, was das ist. Heisst das die Anwender haben die Software debuggen geholfen? Oder Code geliefert? Oder ist das nur ein großer Ausdruck für… tja, was denn?

Mit dem Hinweis auf satisfied, also zufriedene Kunden wäre ich immer vorsichtig. Wenn ich 50000 Kunden habe, sind nicht alle zufrieden. Mein LaTeX-Buch zum Beispiel hat mehr als 14000 Kunden, aber wie unschwer an den Amazon-Rezensionen zu lesen ist, sind nicht alle zufrieden. Also bitte etwas Zurückhaltung mit Adjektiven üben.

Kommen wir zur Zahl der Produkte. Die hat zwar mit der Anfrage an mich nichts zu, tun, fällt mir dennoch auf. Die Firma beschäftigt sich mit einem recht engen Feld. Wie die Kunden da zwischen mehr als 150 Produkten unterscheiden sollen, ist mir schleierhaft. Schon bei der Softwarefirma, bei der ich arbeite, sind wir mit fast 90 Produkten am oberen Ende dessen, was man noch hinreichend einfach darstellen kann.

Dazu kommt der Zusatz to fulfill user requirements. Das glaube ich nicht. Kein Kunde kommt und möchte 150 Produkte. Kunden wollen Lösungen. Es ist am Anbieter, diese möglichst sinnvoll in Produkte zu gliedern und daraus ein Geschäftsmodell zu stricken.

Wie über das eigene Produkt sprechen?

Jetzt endlich kommt er zur Sache.

We would appreciate if you could review one of our prestigious products, i.e. (product) which repairs and recovers (description) files. The software also converts multiple (data format) in one go to formats like; (some three letter acronyms) file format and proposes many other features.

Soso. prestigious. Also namhaft, angesehen. Da ist es wieder, das Adjektiv. Tun Sie es bitte. nicht. Vor allem nicht, wenn die Software, die Sie anbieten, nicht das Zeug zur täglichen Nutzung hat. Müssen Sie täglich irgendwelche Dateien reparieren? Kennen Sie als Nicht-KFZ-Mechaniker Marke und Modell Ihres Wagenhebers? Nein? Wahrscheinlich, weil Sie zu selten einen Reifen wechseln. Würden Sie Ihren Wagenheber als angesehen oder namhaft bezeichnen?

Vermeiden Sie Adjektive. Ich bin dagegen auch nicht gefeit, und habe bestimmt in einem Artikel, den ich für meinen Arbeitgeber geschrieben habe, zu viele Adjektive verwendet. Ich gelobe Besserung.

Wie weiter machen?

Kindly, let us know how we can proceed further.

Ja, diese Frage habe ich mir auch gestellt. Wie machen wir weiter? Ich gehe davon aus, dass dies nicht das erste Mal ist, dass er einen Blogger anspricht. Wäre es dann nicht wunderbar, wenn er schon gewisse Vorstellungen hätte, wie er weiter machen möchte? Zum Beispiel mir eine Testlizenz schicken? Oder mich fragen, ob das für mich in Frage kommt? Oder welches Produkt ich gerne testen möchte? Oder noch viel grundlegender: habe ich denn schon einmal die Notwendigkeit gehabt, eine Aufgabe auszuführen, bei der. mir eines seiner 150 Produkte hätte helfen können?

Im konkreten Fall wird aus genau diesem Grund nichts daraus: Die Art Probleme, die deren Software adressiert, gäbe ich an unsere Firmen-IT ab, da brauche ich selbst nichts zu tun.

Ich bin nicht ranzig wegen der Anfrage. Allein sie führte nicht zum gewünschten Ergebnis.

5 Fehler

Einige Fehler können Sie leicht vermeiden, indem Sie diese Dinge weg lassen:

  1. Adjektive. Jedenfalls schlecht gesetzte Adjektive. Vermeiden Sie jegliche wertende Adjektive, was Ihre Firma oder Ihr Produkt angeht. Beschreibende Adjektive sind in Ordnung, wenn diese zum Verständnis beitragen.
  2. Firmengeschichte. Interessiert keinen. Jedenfalls nicht an dieser Stelle. Wenn überhaupt dann eher weiter hinten in der Mail, oder als Link.
  3. Unklarheiten. Wenn Sie etwas vom Blogger wollen, dann geben Sie auch Hilfestellung, wie das weitere Vorgehen aussehen könnte.
  4. Feature-Schlachten. Selbst wenn sie nur angedeutet sind so wie im obigen Beispiel. Wenn Sie davon ausgehen können, dass der Blogger ihr Produkt kennt, dann kommen Sie ohnehin ohne Beschreibung aus. Wenn Sie Ihr Produkt erst vorstellen müssen, dann hören Sie auf, sobald der Hauptnutzen klar ist.
  5. Allgemeinplätze. Jede Firma hat Schweiß investiert. Die meisten Firmen haben auf ihre Kunden gehört. Lassen Sie das weg, es bringt nichts.

Was sollten Sie noch weg lassen?

Wie Blogger Relations aufbauen?

Ja wie denn nun weiter machen? Wie bandeln Sie mit einem Blogger an? Darüber schreiben sehr sachkundig z.B. PR-Doktorin Kerstin Hoffmann, oder PR-Blogger Klaus Eck.

Über Erfahrungen von beiden Seiten, von Bloggern und Firmen, freue ich mich in den Kommentaren.

Photo: Joachim Schlosser, License Creative Commons Attribution Share-Alike

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Kommentare

Eine Antwort zu „Blogger Relations: 5 Fehler beim Vorstellen von Unternehmen und Produkt“

  1. Hallo, danke für die Tipps. Ich würde gerne im Rahmen der Schlosserei meines Bruders einen Blog erstellen und verfassen. Ich habe allerdings keinerlei Fähigkeiten bezüglich der Online Kommunikation. Ich habe mir einige Tipps hier runter geschrieben.

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