Deutschland hat statistisch gesehen etwa 578 Fahrzeuge pro 1000 Einwohner, und 11292 Gemeinden [1,2,3]. Wie viele Autos in Ihrer Gemeinde angemeldet sind und wie viele sich tatsächlich darin aufhalten, können Sie in etwa ausrechnen. Wie wird und muss sich die Infrastruktur Ihrer Stadt anpassen, wenn selbstfahrende Autos sich durchsetzen?
In meiner Artikelserie über automome Fahrzeuge lesen Sie diesmal Fragen, die ich für Städte, Stadtplaner und Bürgermeister fragenswert halte. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass gerade Bürgermeister ‒ und solche, die es werden wollen, schließlich ist am 16. März in Bayern Kommunalwahl ‒ wahlbedingt eine Aufmerksamkeitsspanne von wenigen Jahren haben. Doch sie sind es auch, die zusammen mit ihren Stadtplanern Richtungen setzen können.
Bislang in der Serie erschienen: Auto ohne Fahrer und der Entwicklungs- und Produktionsstandort Deutschland, Selbstfahrende Autos ‒ 44 Fragen für Automobilhersteller, Autonome Autos ‒ 39 Fragen für Automobilzulieferer.
Bequeme Fragen? Bisweilen nicht. Der Entwicklungs- und Produktionsstandort Deutschland liegt mir am Herzen, zusammen mit der Lebens- und Wohnqualität. Wie entwickeln sich unsere Städte weiter? »Uns« ist bei den folgenden Fragen aus Sicht der Bürgermeister und Stadtplaner.
- Wie viele Fahrzeuge sind in unserer Stadt angemeldet?
- Wie viele Fahrzeuge sind in unserer Stadt je Einwohner angemeldet?
- Wie viele Fahrzeuge benutzen regelmäßig unsere Strassen?
- Welche Stadtteile besitzen wie viele Autos?
- Wie viele Stellplätze hält unsere Stadt insgesamt vor, sowohl öffentlich als auch gewerblich?
- Wie viele Stellplätze hält unsere Stadt auf öffentlichen Parkplätzen vor?
- Wie viele Stellplätze hält unsere Stadt am Rande von Straßen vor?
- Wie viele Stellplätze müssen wir vorhalten, wenn der Gesamtbestand an Autos in zwanzig Jahren nur noch ein Fünftel des momentanen Stands beträgt?
- Welche für die Menschen sinnvolle Nutzung streben wir in zwanzig Jahren für die frei werdenden Flächen an Haupt-, Neben-, und Wohnstraßen an?
- Welche dieser Umwidmungen können wir heute schon umsetzen?
- Wie können wir schon heute unsere Stadt besser nutzbar ohne Auto machen?
- Wenn Autos oft nicht mehr vor den jeweiligen Lokationen parken, die Menschen aufsuchen, wo parken Sie dann, und welche Straßen nutzen sie dorthin?
- Wie wird in zwanzig Jahren das Verkehrsaufkommen in Richtung zentraler Parkplätze und Tiefgaragen sein, in denen autonome Autos auf den nächsten Auftrag warten?
- Wird das Gesamtverkehrsaufkommen steigen oder sinken?
- Welche Regelung müssen wir finden, um auf öffentlichen Straßen rollende Lagerhäuser zu verhindern, in dem autonome kleine Lieferwagen, und Lastkraftwagen einfach auf Straßen hin- und her fahren?
- Wie hoch ist unsere Zuweisung aus der KfZ-Steuer?
- Welchen Anteil an unserem städtischen Budget macht die Zuweisung aus der KfZ-Steuer aus?
- Wohin pendeln unsere Bürger für ihre Arbeit?
- Welcher Arbeit gehen unsere Bürger nach, in welchen Branchen?
- Welche Fortbewegungsmittel nutzen unsere Einwohner?
- Welche Typen von Einwohner werden am ehesten ein eigenes Fahrzeug behalten?
- Wie müssen wir die Infrastruktur vor Schulen und Kindergärten anpassen und regeln, wenn überbesorgte Eltern ihre Kinder noch vermehrt in autonomen Autos hinfahren lassen?
- Welche Unternehmen der Automobilbranche sind in unserer Gemeinde ansässig, sowohl produzierendes Gewerbe als auch Händler und Werkstätten?
- Welche Unternehmen der Automobilbranche zahlen in unserer Gemeinde Gewerbesteuer?
- Wie viele Menschen arbeiten bei diesen Betrieben?
- Was passiert mit dem lokalen Arbeitsmarkt, wenn die Betriebe der Automobilbranche in fünfzehn bis zwanzig Jahren verschwinden oder deutlich kleiner werden?
- Welche neuen Gewerbeansiedlungen in welchen Branchen wollen wir fördern?
- Wie wird derzeit unser Angebot an öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) angenommen?
- Wie verändert sich die Nutzungshäufigkeit des ÖPNV bei gleichbleibendem Angebot, wenn zusätzlich eine billige Taxi-artige Beförderung in unbegrenzter Kapazität zur Verfügung steht?
- Wie müssen wir bzw. unsere Stadtwerke das Angebot unseres ÖPNV anpassen, um auf den veränderten Markt und den veränderten Bedarf einzugehen?
- Welche Schritte sollten und können wir schon heute einleiten, um den ÖPNV zukunftssicher und attraktiv zu gestalten?
- Wenn Kunden in Einzelhandelsgeschäften nicht mehr mit dem eigenen Auto kommen, sondern mit einem autonomen Taxi, wie wird sich der Parkplatzbedarf ändern, wie werden die Geschäfte ihre Parkplätze nutzen?
- Welche (bundes-) staatlichen Rahmenbedingungen müssen wir heute schon einfordern, um benötigte Schritte vornehmen zu können?
- Welche Mitarbeiter in der Stadtplanung werden in zwanzig Jahren am ehesten noch im Berufsleben stehen und den Prozess begleiten können und wollen?
- Wie lange plane ich, noch Bürgermeister oder Stadtplaner zu sein?
- Welche Rolle wollen wir als Stadt in der gesellschaftlichen Entwicklung rund um selbstfahrende Autos einnehmen, Vorreiter oder Bremser?
- Wie können wir planerisch und politisch den Wandel begrüßen, statt ihm entgegenzutreten?
- Welche Schritte können und müssen wir schon heute gehen, um in zwanzig Jahren eine lebenswerte Infrastruktur in der Stadt zu haben?
Viele dieser Fragen rufen Spekulationen hervor, und das ist gut so. Lassen Sie es jedoch nicht beim bloßen Spekulieren. Nehmen Sie aktuelle und historische Daten, und spielen Sie mit Ihren Annahmen. Simulieren Sie, was Sie interessieren sollte. Simulieren Sie beispielsweise Verkehrsflüsse. Oder extrapolieren Sie unter verschiedenen Annahmen. Und sorgen Sie heute schon für Ampelschaltungen, die Fußgängern, Bussen und Autos gleichermaßen dienen, auch wenn Autos gerade erst lernen, Ampeln zu deuten.
Ihnen fallen noch mehr Fragen für Städte und Bürgermeister ein? Dann lassen Sie die anderen Leser daran teilhaben und kommentieren Sie.
Quellen
[1] VDA Jahreszahlen KFZ-Bestand
[2] Statistisches Bundesamt – Bevölkerung
[3] Statistisches Bundesamt – Gemeindeverzeichnis-Informationssystem (GV-ISys)
Foto: Nicoleta Wagner auf Flickr, Lizenz Creative Commons Attribution
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