Wer stellt das Auto her? Der Automobilhersteller, die Daimlers, BMWs, Audis Volkswagen und Opels dieser Welt? Ja, zum Teil. Zu einem erhebliche Teil kommen die verbauten Komponenten ‒ Auspuffanlagen, Steuergeräte, Sitze, Anbauteile und vieles mehr ‒ von Zulieferbetrieben. Bosch, Continental, Magna Steyr, Wabco, Hella und viele mehr.
Deutschland hat über 600 Unternehmen, die direkt und hauptsächlich als Automobilhersteller oder Zulieferer tätig sind, mit über 330.000 Mitarbeitern allein im Bereich der Zulieferer [1].
Was passiert mit diesen Zulieferern, mit deren Beschäftigten, wenn das selbstfahrende Auto Normalität auf den Straßen wird? In meiner Artikelserie über automome Fahrzeuge lesen Sie diesmal Fragen, die ich für Automobilzulieferer fragenswert halte.
Bislang in der Serie erschienen: Auto ohne Fahrer und der Entwicklungs- und Produktionsstandort Deutschland und Selbstfahrende Autos ‒ 44 Fragen für Automobilhersteller.
Bequeme Fragen? Bisweilen nicht. Der Entwicklungs- und Produktionsstandort Deutschland liegt mir am Herzen, und zwar über alle Unternehmensgrößen hinweg. Besonders in Süddeutschland finden sich sehr viele findige Unternehmen, die den Erfolg der Wirtschaft derzeit ausmachen. Wie geht es mit diesen weiter? »Uns« ist bei den folgenden Fragen aus Sicht der Zulieferbetriebe.
- In welchem Segment werden unsere Produkte verbaut?
- Sind wir eher Premiumzulieferer oder Commodity-Lieferant?
- Was ist unser Alleinstellungsmerkmal als Automobilzulieferer?
- Wie ist unser Engagement im autonomen Fahren?
- Wie ist unsere Vision vom autonomen Fahren für die nächsten 5, 10, 15 Jahre? Gibt es am Ende diesen Zeitraums noch einen Fahrer?
- Wie schnell gehen wir davon aus, dass sich in unseren verschiedenen Märkten selbstfahrende Autos etablieren?
- Was machen wir, wenn der Gesamtabsatz in der Automobilindustrie um 80% einbricht?
- Was passiert mit unserem Umsatz in diesem Fall?
- In welchem Umfang investieren wir ins autonome Fahren?
- Wie werden wir unseren Entwicklungsprozess anpassen, um der Komplexität des autonomen Fahrens zu begegnen?
- Mit welcher Produktionskapazität können wir die sinkende Nachfrage bedienen?
- Was geschieht mit der Überkapazität?
- Welches ist unser Geschäftsmodell heute?
- Wie werden wir unser Geschäftsmodell weiterentwickeln?
- Was lehren uns die umgreifenden Veränderungen im Buchmarkt?
- Was lehren uns die umgreifenden Veränderungen im Pressewesen?
- Was lehren uns die umgreifenden Veränderungen in der Musikbranche?
- An wen werden wir in 10, 15, 20 Jahren Komponenten verkaufen?
- Welche Schritte unternehmen wir, um unser derzeitiges Geschäftsmodell in der verschiedenen Märkten zu sichern?
- Wie langfristig kann diese Sicherung noch Wirkung zeigen?
- Werden wir dem Wandel zum autonomen Fahren folgen oder werden wir ihn anführen?
- Welche Patente rund ums autonome Fahren halten wir?
- Inwiefern sind diese Patente in entfernten Märkten anerkannt?
- Welche Rolle spiele Patente beim Blick auf Technologievorsprung für uns?
- Welche Rolle spiele Patente beim Blick auf Technologieverzögerung für uns?
- Welche Unternehmen erwarten wir zukünftig als Mitspieler, die bislang noch gar nicht in der Automobilbranche tätig sind?
- Wie sieht die Politik in unseren Märkten autonomes Fahren, wenn überhaut schon?
- Wie sieht unser Geschäftsmodell in Richtung OEM heute aus?
- Wie passen wir unser Geschäftsmodell in Richtung OEM an?
- Wie sollte sich die Systemkompetenz im autonomen Fahren verteilen zwischen OEM und Tier1?
- Welche Schritte wären notwendig, um selbst OEM zu werden?
- Wie hängt für uns elektrisches Fahren und autonomes Fahren zusammen?
- Welche Möglichkeiten bietet elektrisches Fahren, die Verbrennungsmotoren nicht offerieren?
- Welchen Mehrwert möchten wir einer Welt ohne flächendeckenden Autobesitz bieten?
- Wie weit in die Zukunft blicken unsere Großaktionäre oder Eigentümer?
- Wie lange möchte unser Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer uns in seinem Berufsleben noch begleiten?
- Welcher bekannte Automobilzulieferer produzierte früher überwiegend Dachverglasungen für Gebäude?
- Welche Unternehmen werden die technischen Infrastrukturen für das autonome Fahren ohne Fahrzeugeigentum bereitstellen?
- Wie muss ein Unternehmen beschaffen sein, dass die technischen Infrastrukturen bereit stellt?
Es ist eine spannende Zeit für Zulieferer, die Systemkompetenz aufweisen. Auch wenn die Stückzahlen dramatisch fallen, so kann der Zulieferer einen deutlichen Mehrwert für jeden OEM bringen. Nicht jeder, und nicht jeder mit demselben Geschäftsmodell. Doch einen Mehrwert.
Ich bin ja eher ein Anhänger der Marktwirtschaft nach Schumpeter, also mit kreativer Zerstörung. Und so bin ich überzeugt davon, dass es leider nicht alle Zulieferer schaffen werden, mit in die neue Zeit des autonomen Fahrens zu kommen. Auf der anderen Seite hoffe ich ganz patriotisch, dass neue Mitspieler durchaus in Deutschland sitzen werden. Wir haben hierzulande die Erfahrung und das Potential, weiterhin vorne mitzuspielen. Heben wir es?
Ihnen fallen noch mehr Fragen für Automobilzulieferer ein? Dann lassen Sie die anderen Leser daran teilhaben und kommentieren Sie.
Quellen
[1] VDA Jahreszahlen allgemein
Photo: Verlassene Fabrik: JSFauxtaugraphy via Compfight. License: Creative Commons
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