Sie halten einen Vortrag? Vortrag ist ja nicht gleich Vortrag.
Haben Sie schon mal einen Redner sprechen sehen und sich gedacht: »Das ist ja ganz gut, aber irgendwie der falsche Vortrag für die Veranstaltung?«
Machen Sie sich Gedanken, in welchem Rahmen Sie sprechen.
Wer sind die Adressaten? Was möchten Sie erreichen? Wie ist das Umfeld beschaffen?
Kleine Notiz: Wenn Sie versucht sind »Präsentation« zu sagen‒ warum Sie lieber einen anderen Begriff verwenden, lesen Sie in »Unterschied zwischen Rede ‒ Vortrag ‒ Referat ‒ Präsentation.«
Konferenzbeitrag
Sie sprechen auf einer Konferenz. Oft ist es eine wissenschaftliche Konferenz, und Ihr Vortrag dauert 25 bis 40 Minuten.
Sie möchten eine Idee, eine Methode, ein Konzept, eine Studie oder ein Experiment vorstellen, und hoffentlich wollen Sie Begeisterung dafür wecken. Sie möchten sich nachher mit anderen Menschen darüber austauschen und neue Anregungen mitnehmen.
Machen Sie’s mal anders herum. Fangen Sie mit Ihrer Schlussfolgerung an und warum das wichtig ist, und erläutern dann, wie Sie darauf kommen.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und denken Sie vom Ende her.
Verkaufsgespräch
Sie möchten einem potentiellen Kunden Ihre Lösung empfehlen. Ihr Vortrag dauert 15 bis 150 Minuten. Könner bleiben eher an der unteren Grenze.
Sie haben bereits viele Fragen gestellt und verstehen die Aufgabenstellung. Sie sind Profi in der Industrie und kennen die Herausforderungen. Sie kennen Ihre Lösung und können sie auf den Kontext des Kunden abbilden.
Überlegen Sie nicht, was Sie noch reinpacken können, sondern was Sie weglassen können.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und lösungsorientiert.
Keynote
Sie sind der erste Vortragende einer Veranstaltung, und mit hoher Wahrscheinlichkeit sind alle Teilnehmer dieser Veranstaltung bei Ihrem Vortrag im Saal, und das für eine Dauer von 30 bis 90 Minuten.
Sie möchten eine grundsätzliche Fragestellung erläutern, die zum Thema der Veranstaltung passt. Sie möchten die Zuhörer zum Nachdenken bringen, Ihnen Gedankenfutter geben und Gesprächsthemen für den Rest der Veranstaltung.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und groß gedacht.
Visionsgenerierung
Sie möchten jemanden auf den Geschmack bringen und für Ihre Idee oder Methode begeistern, in dem Sie aufzeigen, es sein könnte. Sie sollten dafür nicht länger als 20 Minuten brauchen.
Die Visionsgenerierung kommt vor dem Verkaufsgespräch. Lange davor. Und sie kann ein Teil eines längeren Vortrags sein.
Die Visionsgenerierung kann etwas von einer Keynote haben, sollte aber deutlich konkreter sein. Wenn Sie ihren Zuhörern eine Vision vermitteln möchten, machen Sie sie greifbar. Nicht irgendwelche Allgemeinplätze verbreiten. Ganz konkret.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, ganz konkret.
Diskussionsstart
Sie möchten eine Diskussion anstoßen, die direkt nach Ihrem Vortrag oder später am Tag statt finden soll. Für diese Aufgabe sollten Sie 15 Minuten oder weniger benötigen.
Eine Diskussion braucht einen Konflikt. Das können zwei verschiedenen Positionen zu einer Frage sein, die Sie beide kurz anreißen. Das kann auch eine Problemstellung sein, die Sie einführen. Das können auch Lösungsansätze zu diesem Problem sein, die Sie in diesem Fall wirklich nur ganz knapp skizzieren.
Machen Sie deutlich, warum die Aufgabenstellung relevant für die Teilnehmer ist, warum diese sich damit beschäftigen sollten.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und enden Sie mit einer offenen Frage.
Probevortrag
Sie haben sich für einen Job beworben, und nun sollen Sie einen Probevortrag halten. Die Zuhörer sind Manager und Mitarbeiter des Unternehmen, und sie möchten sehen, wie Sie vortragen. Das sollte zwischen 15 und 45 Minuten dauern.
Meist ist dies für den Job relevant, also ist das eine sehr sinnvolle Maßnahme. (Bei MathWorks tun wir das.) Oft möchten die Zuhörer herausfinden, wie Sie auf Fragen verschiedener Art reagieren. Verständnisfragen. Ansichtsfragen. Einfache Fragen. Schwierige Fragen. Kontroverse Fragen.
Entweder Sie bekommen ein Thema vorgegeben oder dürfen sich selbst eines aussuchen. Beides sollte kein Problem darstellen, weil es ja hoffentlich eine Schnittmenge aus dem gibt, was Sie können, was Sie schon vorgetragen haben und was das Unternehmen macht. Wenn nicht, haben Sie sowieso ein Problem mit Ihrer Bewerbung.
Eine Spezialität bei dieser Art Vortrag ist, dass Sie oft technisches und nichttechnisches Publikum haben werden. Sie wollen alle mitnehmen und dennoch zumindest eine Kostprobe Ihres Tiefgangs spüren lassen.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf und stellen Sie sicher, dass die Zuhörer etwas mitnehmen.
Status
Sie sollen etwas zum Status eines Projekts berichten. Ich sage es ganz offen: Ich halte nichts von derlei Vorträgen. Wenn Sie können, schreiben Sie ein Memo und sagen den Vortrag ab. Sparen Sie sich, Ihren Kollegen und Vorgesetzten Zeit und der Firma damit einen Haufen Geld.
Ein Statusvortrag hat nur dann Sinn, wenn Sie irgendetwas bei Ihren Zuhörern erreichen wollen. Ein Umdenken, was Ihr Projekt angeht. Mehr Ressourcen ‒ wobei Sie diese eher im persönlichen Gespräch mit dem Projektsponsor klar machen sollten. Eine Diskussion über mögliche Lösungen zu Problemen ‒ ob das Gremium, vor dem Sie den Status vortragen, dabei unbedingt hilfreich ist, wage ich ebenfalls zu bezweifeln.
Wenn Sie also wirklich einen Statusvortrag halten müssen, dann machen Sie diesen zumindest relevant für Ihre Zuhörer.
Erzählen Sie den Personen im Gremium etwas, das ihnen etwas nutzt. Umsetzbare Erfahrungen, was funktioniert und was nicht. Fragen Sie, holen Sie sich Kompetenz von den Zuhörern. Machen Sie eine Diskussion daraus. Wenn Sie sich das nicht trauen, dann liegt das üblicherweise daran, dass Ihr Kasten nicht sauber ist.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf und machen Sie’s kurz.
Lehrvortrag
Sie möchten Ihren Zuhörern etwas vermitteln. Wissen transferieren. Und in 45 Minuten oder 90 Minuten mit Verschnaufpause fertig sein.
Ich nenne dies absichtlich nicht Vorlesung, denn wie der Name schon sagt, ist das Konzept einer Vorlesung, etwas vorzulesen. Und das ist wohl die schlechteste Vortragsform. Erfreulicherweise sind immer weniger Vorlesungen an Universitäten noch echte Vorlesungen, sondern im Format Lehrvortrag.
Machen Sie es anschaulich und relevant für Ihre Zuhörer. Warum ist das Wissen bedeutsam für sie? Wo und wie können sie das Wissen anwenden? Wie können Sie das Wissen durch Tun sich wirklich aneignen? Wie können Sie die zum Wissen zugehörige Fähigkeit üben?
Wenn Sie keine interaktiven Fragen zulassen möchten, dann überlegen Sie sich, ob es vielleicht besser ein Video sein soll. Auf diese Weise brauchen Sie nicht eine Live-Besprechung einberufen und haben den Inhalt auch später noch abrufbar, wenn neue Personen ebenfalls geschult werden sollen.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf und machen Sie es relevant.
Problem und Lösungsvorschlag
Sie stellen ein Problem vor und schlagen eine Lösung vor, um dafür Zustimmung zu erhalten. Diese Art Vortrag kann in einigen der oben genannten Formen vorkommen und sollte nicht länger als 60 Minuten dauern.
Die Zustimmung, die Sie für Ihren Lösungsvorschlag erhalten möchten, kommt nicht von allein. Sie brauchen nicht nur gute Argumente, sondern eine emotionale Verbindung zwischen der Problemstellung und Ihrem Publikum, und eine emotionale Verbindung zwischen Ihrem Lösungsvorschlag und Ihrem Publikum.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und schaffen Sie emotionale Relevanz.
Proof of Concept
Anders als beim Lösungsvorschlag möchten Sie hier nachweisen, dass dieser auch funktioniert. Dafür sollten Sie nicht länger als 30 Minuten benötigen ‒ einer längeren Nachweisführung folgt ohnehin niemand.
Wie führen Sie den Nachweis? Die Anzahl der Fälle, in denen Sie einen mathematischen Beweis einsetzen, dürfte eher überschaubar bleiben.
Oft werden Sie eine Demonstration mit Beispiel durchführen, bei dem das Beispiel hinreichend nahe am Ziel ist oder eben besonders kritische Teile aus der echten Problemstellung aufgreift.
Eine Alternative ist ein ähnlich gelagerter Referenzfall, den Sie vortragen oder sich sogar vom Referenzgeber assistieren lassen – sei es virtuell als Video, per Telefon oder Videokonferenz, oder als Anwesender.
Je mehr PowerPoint Sie hier verwenden, desto geringer wird Ihre Glaubwürdigkeit gesehen werden.
Bauen Sie Ihren Vortrag begeisternd auf, und verwenden Sie Anschauungsmaterial.
Das Muster
Ist Ihnen das Muster aufgefallen? Was sind aus Ihrer Sicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Vortragsformen? Welche Arten von Vorträgen möchten Sie in dieser Liste noch sehen?
Lassen Sie die anderen Leser ebenso wie mich teilhaben an Ihren Gedanken und kommentieren Sie unten!
Photo: Marco Tap.
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