Sie alle bekommen diese E-Mails. Täglich. Vielfach.
Jemand findet das, was der Vor-Redner geschrieben hat, gut und bedankt sich. Und alle erhalten diese E-Mail, die als einziges neues Wort »Danke« beinhaltet. In der ursprünglichen E-Mail wird um Rückmeldung gebeten. Die Empfänger antworten mit ihren Kommentaren, und jedes Mal bekommen alle Empfänger alle Kommentare, obwohl nur die ursprüngliche Autorin diese wirklich braucht, und dann einpflegt.
Und seien Sie ehrlich: Sie waren auch schon diejenige, die auf »Allen Antworten« geklickt hat.
In diesem Artikel lesen Sie, warum es keine gute Idee ist, ständig allen zu antworten.
Die E-Mail-Flut
Alle, die beruflich mit E-Mail zu tun haben, stöhnen und ächzen unter der Flut von E-Mails, die täglich in den elektronischen Posteingang in Outlook und anderen Programmen schwappt.
Sie rufen nach Linderung in der Flut von E-Mails, nehmen den Produktivitätsverlust hin, bleiben eben abends länger. Und das eben nicht für die Spam-Emails, sondern für die ganz normale E-Mail-Kommunikation.
Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Alle diese E-Mails schreibt irgend jemand.
Eine E-Mail-Konversation (ein Thread) mit fünfzehn Nachrichten, die sie alle einzeln sehen, falls nicht Outlook passend gruppiert, ist das Ergebnis von vierzehn Mal der Entscheidung eines Menschen ‒ auch von Ihnen selbst ‒, auf eine E-Mail zu antworten in einer Weise, dass es alle ursprünglichen Empfänger zu sehen bekommen.
Das Antworten an alle kann zu einer unnötigen Flut von E-Mails führen, besonders in großen Verteilerlisten oder Gruppenchats, wo nicht jeder Empfänger eine Antwort benötigt oder interessiert ist. Dies kann zu Frustration und Überlastung bei den Empfängern führen. Wenn sensible Informationen in der ursprünglichen E-Mail enthalten sind, kann das Antworten an alle dazu führen, dass diese Informationen an Personen weitergegeben werden, die sie nicht sehen sollten, speziell wenn Sie noch mehr Details zu sensiblen Informationen beifügen. Dies kann zu Datenschutzverletzungen oder Vertrauensproblemen führen.
Und nicht zuletzt: Wenn Sie häufig die „Allen antworten“-Funktion verwenden, könnten Sie den Eindruck erwecken, dass Sie nicht in der Lage sind, E-Mails angemessen zu verwalten oder zu priorisieren. Dies kann sich negativ auf Ihr professionelles Image auswirken und dazu führen, dass Kollegen oder Vorgesetzte Sie als ineffizient oder unorganisiert wahrnehmen.
Kurz – Wenn Sie weniger E-Mails bekommen möchten, dann fangen Sie damit an, selbst weniger und vor allem an weniger Leute zu schreiben.
Sie können einen Unterschied machen und Vorbild sein.
Kein Fall für »Alle Antworten«
Es lohnt sich, immer kurz inne zu halten, bevor Sie auf den Knopf »Allen Antworten« klicken, und statt dessen immer nur auf den »Antworten«-Button zu drücken.
- Dank. Wenn Sie dem Sender der ursprünglichen E-Mail danken wollen, dann muss das nicht jeder der Empfänger lesen. Schreiben Sie nur dem Sender. Wenn es ein Dank mit Hintergedanke ist, dann setzen Sie noch dessen Vorgesetzten auf Kopie. Wenn jeder der Empfänger seinen Dank an alle schickt, erzeugen Sie viele E-Mails ohne jeglichen Nachrichtenwert. Wenn Sie die Führungskraft sind und den Dank allen sichtbar machen wollen, dann überlegen Sie ganz genau, für welches Verhalten oder welche Aktion Sie danken wollen, bevor Sie doch an alle schicken.
Öffentlicher Dank kann wirksam sein, aber auch kontraproduktiv, je nach Anlass, je nach Empfänger, je nach Situation. - Feedback. Der Sender der ursprünglichen E-Mail hat einen Text, ein Dokument verfasst und fragt um Anmerkungen und Korrekturen. Ihre Anmerkung ist damit ausschließlich für den Autor bestimmt, es gibt keinen Grund, alle damit zu behelligen. Der Autor wird ja eine Aktualisierung herumschicken, wenn er alle Anmerkungen bekommen und eingeflochten hat.
Mit einem Feedback, das an alle geht, machen Sie sich auf sehr durchsichtige und eher unangenehme Weise einfach nur wichtig. Detail-Richtigstellung. Die Botschaft der E-Mail stimmt, aber Ihnen ist ein Detail aufgefallen, das nicht ganz korrekt ist. Ihre Antwort ist nur für den originalen Sender bestimmt, vielleicht noch für eine weitere Kollegin, die dieses Detail für seine Arbeit benötigt. Wenn es dieser wichtig genug ist, wird sie Ihre E-Mail zusammen mit anderen Anmerkungen herum schicken. Wenn Sie das selbst tun, erscheinen Sie als Besserwisser und Erbsenzähler.
Mit einer öffentlichen Richtigstellung zu einem nichtigen Detail, auch wenn es Ihnen vielleicht im Affekt ganz und gar nicht nichtig erscheint, machen Sie sich auf sehr durchsichtige und eher unangenehme Weise einfach nur wichtig.Meinung. Es ist schön, dass Sie eine Meinung haben zu dem, was Sie da in der E-Mail lesen. Es kann sogar sinnvoll sein, dies in einer E-Mail-Antwort zu tun. Aber nicht an alle. Suchen sie sich genau aus, wer von der Empfängerliste Ihre Meinung lesen muss, für wen dies einen Mehrwert darstellt.Ihre Meinung stellt noch keinen Mehrwert dar allein weil sie von Ihnen kommt. Wenn Sie ganz ehrlich drauf schauen, werden Sie feststellen, dass Ihre Meinung eben oft einen Mehrwert ausschließlich für Sie selbst darstellt, und eventuell noch für den Autor der ursprünglichen E-Mail, nicht aber für die anderen Mitleser.
Wenn Sie in diesen Situationen gedankenlos »Allen Antworten« klicken, verhalten Sie sich möglicherweise anmaßend oder gedankenlos und sollten mehr Respekt für die Lebenszeit Ihrer Kollegen zeigen.
Mögliche Gründe für »Alle Antworten«
In manchen Situationen hat der »Alle Antworten« Button in Outlook, Gmail und so weiter durchaus seine Berechtigung. Denn es gibt Fälle, in denen tatsächlich alle Empfänger der Vorgängernachricht Ihre Antwort lesen können sollten.
- Aktionsrelevante Fakten korrigieren oder hinzufügen, bevor alle eine Aktion durchführen. Ist das, was Sie zu sagen haben, nicht nur ein nettes Detail, sondern relevant für die Empfänger, weil sie auf Basis der ursprünglichen E-Mail eine Aktion durchführen, dann sagen Sie es allen.
- Unklares Prozedere. Wenn das Prozedere unklar ist und durch die Antwort klar gestellt werden kann, können Sie dies an alle tun. Nicht jedoch die Nachfrage an den Sender, wie er das Prozedere haben möchte. Fragen Sie ihn privat und bitten ihn, diese Information an alle nachzuliefern.
- Transparenz und Offenheit. In einigen Fällen kann das Antworten an alle dazu beitragen, Transparenz und Offenheit in der Kommunikation zu fördern. Dies ist besonders relevant, wenn es um wichtige Ankündigungen, Updates oder Entscheidungen geht, die alle Teammitglieder betreffen.
- Gruppenkommunikation. Wenn die Nachricht an eine Gruppe von Personen gerichtet ist und alle Empfänger die gleichen Informationen oder Anweisungen benötigen, kann das Antworten an alle effizient sein. Auf diese Weise werden alle relevanten Parteien informiert und es entstehen keine Informationslücken.
Es sind nicht viele Gründe, und auch die aufgezählten treffen nicht immer zu. Klar ist: ein paar Sekunden nachdenken, bevor Sie auf einen Antwortknopf drücken, helfen immer.
Lieber manuell Empfänger eintragen oder aus allen antworten entfernen?
Beides hat Vor- und Nachteile. Fangen Sie mit „allen antworten“ an und löschen dann nicht benötigte Empfänger raus, so werden Sie, wenn es pressiert, genau den Schritt wieder sein lassen und sind zurück auf Anfang. Außerdem haben Sie vielleicht ein Dutzend Kolleginnen auf der Empfängerliste stehen und ihr Gehirn denkt dann, dass zwei weniger ja eine grandiose Leistung wären.
Deshalb: fangen Sie mit „antworten“ an, und damit nur mit dem Autor der ursprünglichen E-Mail, und fügen dann diejenigen hinzu, die es eben noch braucht. Ganz bewusst als Empfängern, wenn diese etwas tun sollen, oder auf CC, wenn sie es lesen können, aber nicht müssen. Dank der Namensvorschläge, die jedes E-Mail-Programm beim Tippen einblendet, geht das schnell und ohne viel Aufwand.
Eine Alternative: Kanalbasierte Kommunikation in MS Teams
In den meisten Fällen rate ich ganz stark dazu, von interner E-Mail-Kommunikation auf Kanalbasierte Kommunikation wie Microsoft Teams oder Slack zu wechseln. Hier sparen Sie sich das Konzept von einzelnen Adressaten und die vorherige Nachricht wird nicht automatisch immer als Vollzitat beigefügt. Alle Empfänger haben immer den neuesten Stand und antworten nicht gleichzeitig auf eine veraltete Nachricht und erzeugen so nicht fünf Gabelungen einer Konversation, die dann bei E-Mail ja kaum jemand jemand wieder zusammenführt.
Für interne Kommunikation von Organisationen ist für die meisten Anwendungsfälle daher eine Lösung wie Channels, also Kanäle in MS Teams, die bessere Lösung. Auch persönliche Chats nutze ich oft statt E-Mails an einzelne Kollegen. Sobald es dann aber Gruppenchats werden, gilt es zu überlegen, ob es nicht schon einen Kanal gibt, in dem die Nachricht besser aufgehoben wäre. In der Regel sind es ja keine absoluten Geheimnisse, sondern Fragen oder Informationen, die zwar die Ansprache bestimmter Kolleginnen erfordert, die aber problemlos dem Kreis aller Mitglieder im jeweiligen Kanal lesbar gemacht werden können. Ist das nicht dasselbe wie allen antworten, mögen Sie jetzt fragen. Nein, ist es nicht. Denn wenn ich in neuen Threads/Nachrichten in Kanälen jeweils die richtigen Kolleginnen anspreche durch Erwähnung, dann braucht niemand ständig alle Kanalnachrichten zu lesen, und durch das Thread-Konzept in Kanälen kommen Antworten immer alle ordentlich zusammen an den jeweiligen Gesprächsfaden dran. Deshalb sind übrigens Kanäle in MS Teams auch besser als Chats.
Zusammengefasst gilt bei mir:
MS Teams Kanal > MS Teams Chat > E-Mail.
Höflichkeit und Respekt
Höflichkeit und vor allem Respekt vor der Zeit ‒ der Lebenszeit ‒ ihrer Kollegen gebietet es, diese nicht für Überflüssiges zu verbraten.
Eine Grundregel lautet:
Wie in Ihrer Organisation E-Mails geschrieben und an wen sie geschickt werden, ist Bestandteil der Kultur der Organisation. Kultur beginnt mit dem Einzelnen, mit Ihnen und mit mir. Veränderung der Kultur beginnt ebenfalls mit dem Einzelnen, also mit mir und mit Ihnen. Überlegen Sie mal, was Sie faktisch tun, wenn Sie ständig allen antworten.
Wollen Sie echt diejenige oder derjenige sein, der den anderen mit seinem „Kollege, Kollege, und ich weiß auch noch was“ auf den Keks geht?
Welches Argument spricht Sie besonders an? Welche Argumente für und wider fallen Ihnen noch ein?
Lassen Sie die anderen Leser ebenso wie mich teilhaben an Ihren Gedanken und kommentieren Sie!
Photo: Fabio Venni on Flickr, License Creative Commons Attribution Share-Alike. Icon: Font Awesome, License
Dieser Artikel erschien zum ersten Mal 2015 und wurde in 2020 und 2024 komplett überarbeitet.
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