Wenn eine Dissertation – eine Doktorarbeit – unsaubere Zitate enthält, reicht das Spektrum der Auswirkungen von unerkannt über peinlich bis strafrelevant. In Zeiten, zu denen Bücher noch von Hand vervielfältigt wurden, mag die Kultur des wissenschaftlichen Plagiierens noch eine andere gewesen sein. Seit jedoch Gutenberg (der mit einem »t«) den Buchdruck erfand, unterliegt das eigene geschriebene Wort ungleich mehrer kritischen Augen, was den letzten beiden Jahrzehnten mit dem Einzug des Internet in den Alltag noch potenziert wurde.
Ob nun all die prominenten Gestrauchelten der letzten Zeit vorsätzlich oder fahrlässig handelten, mögen andere beurteilen. Unterstellt man dabei keinen Vorsatz, sondern Schlamperei, frage ich mich, was Gründe für ein fahrlässiges plagiieren sein kann. Wenn schon ein Plagiat, dann doch bitte absichtlich und nicht fahrlässig! (Gut, das scheint ja mittlerweile in einem Fall entschieden.) Sauber arbeiten ist also angesagt. Doch wie schaffen Sie es, den Überblick zu behalten und sicherzustellen, dass sich später nur saubere Zitate in Ihrer Arbeit finden? Neben meinem Artikel über effizientes Zitieren mit BibTeX/LaTeX oder Word möchte ich Ihnen vier Schritte empfehlen, mit denen ich gut zurande kam:
1. Aktiv lesen
Egal ob Diplomarbeit, Masterarbeit oder Dissertation, zunächst ist Lesen angesagt. Zum eigenen Thema gibt es in der Regel bereits reichlich Literatur.
Wie lesen Sie heute? Was tun Sie beim Lesen? Wie machen Sie sich Notizen?
Jedes Buch, jedes Journal, jeden Konferenzband oder Artikel daraus, alles, was Sie als relevant und potentiell zitierenswert für Ihre Arbeit halten, erfassen Sie gleich jetzt. Erstellen Sie für jedes Werk einen Eintrag in Ihrer Literaturdatenbank, meist der BibTeX-Datei. Dafür brauchen Sie auch nicht unbedingt BibTeX-Syntax kennen, da es Editoren gibt, die Ihnen helfen.
Am Ende werden Sie wahrscheinlich mehr Werke in Ihrer Literaturdatenbank haben, als sie letztendlich zitieren, sind dafür aber auf der sicheren Seite und haben gleich einen Überblick darüber, was Sie eigentlich alles gelesen haben.
2. Aktiv notieren
Während Sie lesen und feststellen, welche Werke für Ihres relevant zu referenzieren sind, sollten Sie potentielle Zitate gleich in ein eigenes (LaTeX-)Dokument speichern, welches von Ihrem Hauptdokument getrennt sein kann. Setzen Sie dabei sofort Anführungszeichen und danach den \cite-Befehl, um auf den Eintrag in Ihrer Literaturdatenbank zu verweisen. Auf diese Weise haben Sie immer einen Schatz von sauberen Zitaten. Das können durchaus auch längere Passagen sein, die ich jedoch dann wirklich in ein separates Zitatdokument zwischenspeichere.
Die Zwischendatei hat noch einen weiteren Vorteil: Wenn Sie später beim Schreiben einzelne Teile von langen Zitaten übernehmen, können Sie am Ende stichprobenartig mit Ausdrücken aus mehreren Wörtern aus der Zitatdatei prüfen, ob sich diese eventuell unsauber zitiert in ihrem Hauptdokument wiederfinden.
3. Aktiv schreiben
Die Literaturrecherche scheint abgeschlossen, Sie schreiben Ihre wissenschaftliche Arbeit (natürlich mit LaTeX). Nun können Sie auf Ihren Zitatspeicher zurückgreifen, in dem Sie fertige saubere Zitate finden und so Ihren Schreibfluß nicht unterbrechen müssen. In diesem Fall ist Copy & Paste risikofrei, weil ja das zu Kopierende eben schon sauber ist.
Wenn Sie längere Zitate aufteilen oder nur ein Stück daraus verwenden möchten, dann denken Sie daran, wieder sauber die Anführungszeichen und den Literaturverweis zu setzen. Normalerweise übernehmen Sie ja nicht längere Passagen direkt, sondern fassen diese gegebenenfalls zusammen und beschränken sich auf das wörtliche Zitat einzelner Ausdrücke oder Satzstücke, die Sie dann natürlich wieder mit Anführungszeichen und Literaturverweis versehen müssen, und zwar normalerweise jedes mal. Passen Sie sich an die Gepflogenheiten Ihres Fachbereichs an, aber setzen im Zweifelsfall lieber einen Verweis zu viel als einen zu wenig.
Das ganze heißt wissenschaftliche »Arbeit«, weil es eben Arbeit macht. Und damit wird auch klar, dass das Schreiben an sich leichter wird, je mehr eigene Substanz sie in einem Kapitel haben, denn dann brauchen Sie dort oft weniger zu zitieren. Und trotzdem lohnt es sich, auch ab und an einige selbst formulierten Gedanken zu googeln, da sich mehrmals oder schon früher gelesenes ganz gerne mal wortwörtlich mit selbst erdachtem vermischt.
4. Einfach Zitate und Literaturverzeichnis formatieren
Das wunderbare LaTeX-Paket biblatex bietet alles, was Sie zum sauberen Zitieren brauchen, von Klammer- über Fußnoten- und Vollzitaten bis zu geteilten Literaturverzeichnissen. Sie können biblatex lernen mit der vierten Auflage meines Buches Wissenschaftliche Arbeiten schreiben mit LaTeX, die Ende Mai erschienen ist und das ganze Kapitel 9 dem Zitieren mit biblatex widmet. Was auch immer Sie an Anforderungen an die Zitierweise und das Literaturverzeichnis haben (oder vorgesetzt bekommen), mit biblatex können Sie fast alles realisieren. Lernen Sie biblatex mit meinem Buch! Und empfehlen Sie diesen Artikel bitte weiter.
Sie dürfen diesen Artikel sogar kopieren – natürlich mit korrekter Quellenangabe…
[latexbuchamz]
(Foto: Joachim Schlosser)
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